Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Viele Verbraucherprobleme ungelöst


Verbraucher: Kommission schlägt schnellere, einfachere und kostengünstigere Lösungen für die Beilegung von Streitigkeiten mit Unternehmern vor
Die alternative Streitbeilegung ist für die Verbraucher schneller, billiger und einfacher als ein Gerichtsverfahren


(09.12.11) - Im Jahr 2010 hatte jeder fünfte europäische Verbraucher Probleme beim Erwerb von Waren oder Dienstleistungen im Binnenmarkt. Wenn ein Unternehmer sich während der Garantiezeit weigert, Ihren Laptop zu reparieren, oder wenn Sie sich mit dem Reisevermittler nicht auf eine Rückerstattung wegen eines missratenen Urlaubs einigen können, müssen Sie nicht unbedingt vor Gericht gehen. Allerdings ist die außergerichtliche Streitbeilegung in der EU bislang nur für einige Branchen bzw. in einigen Gebieten möglich.

Um hier Abhilfe zu schaffen, hat die Europäische Kommission zwei Vorschläge für Rechtsakte unterbreitet, mit denen gewährleistet werden soll, dass alle EU-Verbraucher ihre Probleme ohne Einschaltung eines Gerichts lösen können, und zwar unabhängig davon, um was für eine Ware oder Dienstleistung es in dem vertraglichen Streit geht und wo (im eigenen Land oder im Ausland) das Rechtsgeschäft im europäischen Binnenmarkt zustande gekommen ist. Für Verbraucher, die über Landesgrenzen hinweg online shoppen, möchte die Kommission eine EU-weite, einheitliche Online-Plattform schaffen, mit der sich vertragliche Streitigkeiten innerhalb von 30 Tagen vollständig beilegen lassen.

Die alternative Streitbeilegung ist für die Verbraucher schneller, billiger und einfacher als ein Gerichtsverfahren. Ein allgemeiner, EU-weiter Zugang zu hochwertigen alternativen Streitbeilegungsverfahren wird für die Verbraucher Einsparungen von jährlich rund 22,5 Mrd. EUR mit sich bringen. Zugleich trägt ein außergerichtlich beigelegter Streit zur Kunden- und Imagepflege bei. Mit dem neuen Vorschriftenbündel strebt die Kommission an, dass die Verbraucher dem EU-Binnenmarkt – mit seiner größeren Auswahl und günstigeren Preisen – mehr Vertrauen entgegenbringen und auf diese Weise zum Wachstum der EU-Wirtschaft beitragen.

Der für Gesundheit und Verbraucher zuständige EU-Kommissar John Dalli sagte hierzu: "Es ist inakzeptabel, dass so viele Verbraucherprobleme ungelöst bleiben, weil die Verbraucher keine wirksamen Möglichkeiten zur Beilegung von Streitigkeiten mit den Unternehmern haben. Das macht sich im Geldbeutel der Verbraucher bemerkbar, schadet dem Vertrauen und verlangsamt das Wachstum. Sobald die von mir vorgelegten Vorschläge umgesetzt sind, wird es für die europäischen Verbraucherinnen und Verbrauchern leichter sein, einfache, schnelle und kostengünstige Wege zur Lösung ihrer Probleme zu beschreiten, gleich wo und wie sie ein Produkt oder eine Dienstleistung in der EU erworben haben."

Was hat die Kommission angenommen?

>>
Die Richtlinie über alternative Streitbeilegung (AS) wird gewährleisten, dass für alle vertraglichen Streitigkeiten zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmen gute außergerichtliche Streitbeilegungsstellen zur Verfügung stehen. Der Vorschlag sieht im Einzelnen Folgendes vor:

>> Die AS-Einrichtungen müssen bestimmte Qualitätsanforderungen in puncto Qualifikation der Mitarbeiter, Unparteilichkeit, Transparenz, Effektivität und Fairness erfüllen.

>> Die Unternehmen müssen ihre Kunden informieren, welche AS-Stelle für potenzielle Streitigkeiten zuständig ist.

>> Die AS-Einrichtungen müssen den Streit innerhalb von 90 Tagen regeln.

>> Mit der Verordnung über Online-Streitbeilegung (OS) wird eine EU-weite Online-Plattform ("OS-Plattform") geschaffen; über sie können Verbraucher und Unternehmen Streitigkeiten im Zusammenhang mit Online-Einkäufen in einem anderen EU-Land online regeln. Diese Plattform wird

>> die Verbraucherbeschwerde automatisch an die zuständige nationale AS-Stelle weiterleiten und

>> für eine Beendigung des Streits innerhalb von 30 Tagen sorgen.

Was bringt das Verbrauchern und Unternehmen?
>>
Der Verbraucher wird Zugang zu einem wirksamen und kostengünstigen Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten mit Unternehmern haben, und zwar unabhängig davon, welches Produkt oder welche Dienstleistung er erworben hat, wie er dies getan hat (online oder offline) und wo in der EU dies geschehen ist (ob in seinem Wohnland oder im Ausland).

>> Verbraucher, die online in einem anderen EU-Land einkaufen, werden ihre vertraglichen Streitigkeiten mit EU-Unternehmern von A bis Z online abwickeln können.

>> Für die Verbraucher würde dies Schätzungen zufolge Einsparungen in Höhe von rund 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der EU bedeuten (22,5 Mrd. EUR).

>> Für Unternehmen ist die Möglichkeit, eine Streitigkeit außergerichtlich beizulegen, von zentraler Bedeutung, um die Beziehungen zu ihren Kunden und ihr Image zu pflegen; außerdem ersparen sie sich die Kosten eines Rechtsstreits.

>> Verbraucher und Unternehmer in ganz Europa werden die Gewissheit haben, dass alle außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen denselben Anforderungen genügen und transparent, hoch qualifiziert, unparteiisch, effektiv und fair sind.

>> Wenn mehr Vertrauen herrscht, wird dies dazu führen, dass die Verbraucher verstärkt nach guten Angeboten und günstigen Preisen im EU-Binnenmarkt suchen werden.

Hintergrund
Die alternative Streitbeilegung (AS) funktioniert über einen neutralen Dritten (etwa einen Schlichter, Mediator oder Ombudsmann). Sie ist billiger, schneller und einfacher als der Gang vor Gericht.

Derzeit bestehen in der EU über 750 AS-Einrichtungen. In einigen EU-Ländern gibt es sie jedoch nur in bestimmten Regionen oder für bestimmte Branchen (z. B. Finanzdienstleistungen oder Telekommunikation). Das Konzept der alternativen Streitbeilegung ist bei Verbrauchern und Unternehmen kaum bekannt. Online-Systeme für die Beilegung von Streitigkeiten bei grenzüberschreitenden Online-Einkäufen sind überhaupt noch nicht entwickelt.

Schätzungen zufolge belaufen sich die Kosten für nicht geregelte Verbraucherstreitigkeiten auf 0,4 Prozent des BIP der EU. Darin eingeschlossen sind die Einbußen von europäischen Verbrauchern (in einer geschätzten Höhe zwischen 500 000 Mio. und 1 Mrd. Euro), wenn es bei Einkäufen in anderen EU-Ländern Probleme gibt.

Wie geht es weiter?
Das Europäische Parlament und der Rat der EU haben zugesagt, das Maßnahmenbündel als prioritäre Aktion der Binnenmarktakte bis Ende 2012 anzunehmen. Damit wird auch eine der Maßnahmen der Digitalen Agenda für Europa umgesetzt. Danach werden die EU-Mitgliedstaaten 18 Monate für die Umsetzung der AS-Richtlinie haben. Das bedeutet, dass in der zweiten Hälfte 2014 überall in der EU eine hochwertige außergerichtliche Streitbeilegung möglich sein sollte. Die einheitliche EU-weite Plattform für Online-Streitbeilegung wird sechs Monate später, also Anfang 2015, einsatzbereit sein, weil zum Teil vorher noch außergerichtliche Streitbeilegungsstellen geschaffen oder ausgebaut werden müssen.
(Europäische Kommission: ra)

Lesen Sie auch:
Was ist eine alternative Streitbeilegung?


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Forderungen nach mehr Flexibilität

    Die Europäische Kommission hat offiziell eine Verordnung angenommen, mit der europäischen Landwirtinnen und Landwirten eine teilweise Ausnahme von der Konditionalitätsregelung für brachliegende Flächen gewährt wird. Dem vorangegangen waren der Vorschlag der Kommission vom 31. Januar sowie Gespräche mit den Mitgliedstaaten in Ausschusssitzungen.

  • Verwaltungsaufwand für Landwirte begrenzen

    Die Europäische Kommission hat dem belgischen Ratsvorsitz ein Papier übermittelt, in dem erste mögliche Maßnahmen zur Verringerung des Verwaltungsaufwands für die Schultern der Landwirte dargelegt werden. Das Dokument enthält eine Reihe kurz- und mittelfristiger Maßnahmen, die zur Vereinfachung ergriffen werden können

  • Wegweisendes Regelwerk der EU

    Das Gesetz über digitale Dienste ist das wegweisende Regelwerk der EU, mit dem das Online-Umfeld sicherer, gerechter und transparenter gemacht werden soll, und wird auf alle Online-Vermittler in der EU angewandt. Es schützt die Nutzer in der EU besser vor illegalen Waren und Inhalten und sorgt für die Wahrung ihrer Rechte auf Online-Plattformen, auf denen sie mit anderen Nutzern in Kontakt treten, Informationen austauschen oder Produkte kaufen.

  • Untersuchung betrifft mutmaßliche Mängel

    Die Europäische Kommission hat ein förmliches Verfahren eingeleitet, um zu prüfen, ob TikTok in den Bereichen Jugendschutz, Transparenz der Werbung, Datenzugang für Forschende sowie Risikomanagement in Bezug auf suchterzeugendes Design und schädliche Inhalte möglicherweise gegen das Gesetz über digitale Dienste verstoßen hat.

  • Influencer-Posts in sozialen Medien

    Die Europäische Kommission und die nationalen Verbraucherschutzbehörden von 22 Mitgliedstaaten sowie Norwegen und Island haben die Ergebnisse einer Überprüfung ("Sweep") von Influencer-Posts in den sozialen Medien veröffentlicht. Demnach veröffentlichen fast alle Influencerinnen und Influencer (97 Prozent) kommerzielle Inhalte, aber nur jeder fünfte gibt systematisch an, dass es sich bei diesem Content um Werbung handelt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen