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Lachszucht- und Lachsverarbeitungsunternehmen


Fusionskontrolle: Europäische Kommission verhängt Geldbuße von 20 Mio. EUR gegen Marine Harvest wegen Übernahme von Morpol ohne vorherige Freigabe nach den EU-Fusionskontrollvorschriften
Nach der EU
-Fusionskontrollverordnung sind Fusionen und Übernahmen mit EU-Dimension bei der Kommission anzumelden und dürfen erst durchgeführt werden, wenn sie von der Kommission genehmigt worden sind

(21.08.14) - Die Europäische Kommission hat eine Geldbuße in Höhe von 20 Mio. EUR gegen das Lachszucht- und Lachsverarbeitungsunternehmen Marine Harvest ASA (Norwegen) verhängt, das seinen Wettbewerber Morpol ASA (ebenfalls Norwegen) übernommen hat, ohne zuvor die Freigabe nach der EU‑Fusionskontrollverordnung abzuwarten. Die Kommission kam zu dem Schluss, dass Marine Harvest hätte wissen müssen, dass eine solche Übernahme vor Vollzug bei der Kommission angemeldet und von ihr genehmigt werden muss.

Nach der EU-Fusionskontrollverordnung sind Fusionen und Übernahmen mit EU-Dimension (insbesondere wenn sie bestimmte Umsatzschwellen erreichen) bei der Kommission anzumelden und dürfen erst durchgeführt werden, wenn sie von der Kommission genehmigt worden sind. Dieses sogenannte "Durchführungsverbot" ist ein Eckpfeiler des EU-Fusionskontrollsystems und erlaubt der Kommission zu prüfen, ob ein Zusammenschluss wettbewerbsrechtliche Bedenken aufwirft, bzw. eine Transaktion zu verbieten und zu verhindern, wenn Unternehmen solche Bedenken nicht mittels geeigneter Verpflichtungszusagen ausräumen. Diese Prüfung vor Vollzug eines Zusammenschlusses ist wichtig für den Schutz von Kunden und Endverbrauchern vor etwaigem Schaden aus wettbewerbswidrigen Zusammenschlüssen, der sich in Preiserhöhungen, einer Verschlechterung der Produktqualität oder geringeren Innovationsanreizen äußern kann.

Marine Harvest erwarb am 18. Dezember 2012 durch den Ankauf einer Beteiligung von 48,5 Prozent de facto die alleinige Kontrolle über Morpol. So ergab die Untersuchung der Kommission, dass Marine Harvest nach dieser Transaktion wegen der sehr breiten Streuung der übrigen Unternehmensanteile und der geringen Anwesenheitsquote bei Aktionärsversammlungen über eine stabile Stimmenmehrheit verfügte.

Marine Harvest vollzog die Übernahme acht Monate vor der förmlichen Anmeldung bei der Kommission und mehr als neun Monate vor der Freigabe durch die Kommission, was einen Verstoß gegen Artikel 4 Absatz 1 und Artikel 7 Absatz 1 der EU-Fusionskontrollverordnung darstellt.

Der Beschluss der Kommission bezieht sich ausschließlich auf die Nichteinhaltung des Durchführungsverbots, die einen schweren Verstoß gegen die Fusionskontrollvorschriften darstellt. Er hat keine Auswirkungen auf die im September 2013 erfolgte Freigabe des Zusammenschlusses unter Auflagen, da die Zuwiderhandlung an der Marktanalyse der Kommission nichts ändert.

Die Zuwiderhandlung
Ein vorzeitiger Vollzug eines Zusammenschlusses beeinträchtigt die Struktur des betreffenden Marktes und kann es für die Kommission erheblich schwieriger werden lassen, erforderlichenfalls geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung des Wettbewerbs auf diesem Markt zu ergreifen. Um eine dauerhafte und irreparable Beeinträchtigung des Wettbewerbs zu vermeiden, müssen geplante Zusammenschlüsse von Unternehmen, die bestimmte Umsatzschwellen überschreiten, vorab bei der Kommission angemeldet werden. Vor der Freigabe dürfen die Zusammenschlüsse nicht vollzogen werden, was auch als sogenanntes "Durchführungsverbot" bezeichnet wird.

Die Nichteinhaltung dieser Bestimmungen stellt eine schwere Zuwiderhandlung dar, da sie die EU-Fusionskontrolle in ihrem Kern angreift. Bestätigt wurde dies durch das Urteil des Gerichtshofs in der Sache Electrabel vom 3. Juli 2014 (C-84/13P).

Die Geldbuße
Nach der Fusionskontrollverordnung kann die Kommission Geldbußen von bis zu 10 Prozent des Gesamtumsatzes der Unternehmen, die vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Anmeldepflicht und das Durchführungsverbot verstoßen haben, verhängen.

Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße berücksichtigt die Kommission die Schwere und Dauer (im vorliegenden Fall mehr als neun Monate) der Zuwiderhandlung sowie mildernde und erschwerende Umstände.

Marine Harvest ist ein großes europäisches Unternehmen mit viel Erfahrung und Vertrautheit mit den EU‑Fusionskontrollvorschriften. Die Kommission schloss daher, dass Marine Harvest von seiner Pflicht, die Übernahme von Morpol zuvor bei der Kommission anzumelden und vor Vollzug eine Freigabe abzuwarten, hätte wissen müssen und dem Unternehmen somit bekannt war, dass es fahrlässig handelte.

Die Kommission vertritt ferner die Auffassung, dass die Zuwiderhandlung besonders schwer gewesen sei, da der Zusammenschluss in der ursprünglich durchgeführten Form Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gegeben hatte und erst nach der Zusage des Unternehmens, erhebliche Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, freigegeben wurde. Unter diesen Umständen hätten aufgrund der Durchführung der Transaktion vor der an Auflagen geknüpften Genehmigung Wettbewerbsprobleme entstehen können.

Die Kommission hat auch das Vorliegen mildernder Umstände berücksichtigt, so insbesondere die Tatsache, dass Marine Harvest seine Stimmrechte aus den Morpol-Anteilen nach Erwerb der Kontrolle über das Unternehmen nicht ausgeübt hat. Darüber hinaus wurde von der Kommission der Umstand besonders gewürdigt, dass Marine Harvest die Kommission durch Vorabkontakte kurz nach Abschluss der Transaktion in Kenntnis gesetzt hat.

Auf der Grundlage dieser Elemente ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass eine Geldbuße von insgesamt 20 Mio. EUR sowohl angemessen ist als auch eine hinreichend abschreckende Wirkung entfaltet.

Das Fusionskontrollverfahren in der Sache Marine Harvest/Morpol
Am 30. September 2013 gab die Kommission die geplante Übernahme von Morpol, dem größten Lachsverarbeiter im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), durch den im EWR führenden Lachszüchter Marine Harvest unter Auflagen frei.

Die geplante Übernahme in der ursprünglich angemeldeten Form hätte zwei der größten Züchter und Erstverarbeiter von schottischem Lachs zusammengeführt. Das aus dem Zusammenschluss hervorgehende Unternehmen hätte hohe Marktanteile gehabt, so dass seine Wettbewerber nicht in der Lage gewesen wären, ausreichenden Wettbewerbsdruck auf das neue Unternehmen auszuüben. Die Übernahme hätte aller Wahrscheinlichkeit nach Preiserhöhungen zur Folge gehabt, die letztlich zulasten der Verbraucher gegangen wären.

Marine Harvest verpflichtete sich zur Veräußerung des größten Teils der auf den Shetland- und den Orkney-Inseln angesiedelten schottischen Lachszuchttätigkeiten von Morpol und räumte damit die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission aus. (Europäische Kommission: ra)


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