Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

DB auf deutschem Bahnstromversorgungs-Markt


Kartellrecht: Kommission unterzieht Verpflichtungsangebote der Deutschen Bahn zum Bahnstrompreissystem in Deutschland einem Markttest
Um Bedenken auszuräumen, hat die DB angeboten, ein neues Bahnstrompreissystem einzuführen, das gleichermaßen für alle Eisenbahnverkehrsunternehmen gelten soll

(19.09.13) - Die Europäische Kommission fordert betroffene Marktteilnehmer auf, zu den Verpflichtungen Stellung zu nehmen, die die Deutsche Bahn (DB) im Hinblick auf ihr Bahnstrompreissystem in Deutschland angeboten hat. Bahnstrom ist der Strom, der für den Antrieb von Lokomotiven verwendet wird.

Die DB Energie, die DB-Tochtergesellschaft, die Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Bahnstrom versorgt, ist der einzige Bahnstromanbieter in Deutschland. Die Kommission hat Bedenken, dass das Bahnstrompreissystem der DB Energie und insbesondere die Rabatte, die nur die Eisenbahnverkehrsunternehmen des DB-Konzerns vollständig in Anspruch nehmen können, möglicherweise die Entwicklung des Wettbewerbs auf den Märkten für den Schienengüterverkehr und den Schienenpersonenfernverkehr behindert und damit gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen haben könnten.

Um diese Bedenken auszuräumen, hat die DB angeboten, ein neues Bahnstrompreissystem einzuführen, das gleichermaßen für alle Eisenbahnverkehrsunternehmen gelten und andere Stromanbieter in die Lage versetzen soll, Eisenbahnverkehrsunternehmen direkt mit Bahnstrom zu beliefern. Wenn der Markttest bestätigt, dass die wettbewerbsrechtlichen Bedenken durch die angebotenen Verpflichtungen ausgeräumt werden, kann die Kommission diese Verpflichtungen für die DB für bindend erklären.

Die DB hat folgende Verpflichtungen angeboten, um die Bedenken der Kommission auszuräumen:

>> Die DB Energie wird ein neues Bahnstrompreissystem mit separaten Preisen für den Stromverbrauch und für den Zugang zum Bahnstromnetz einführen. Das Netzentgelt muss zunächst von der deutschen Regulierungsbehörde, der Bundesnetzagentur, genehmigt werden.

>> Die DB Energie wird einen einheitlichen Strompreis, ohne Mengen- oder Laufzeitrabatte, berechnen.

>> Die DB Energie wird Eisenbahnverkehrsunternehmen, die nicht zum DB-Konzern gehören, rückwirkend durch eine Einmalzahlung 4 % des Betrags ihrer letzten jährlichen Bahnstromrechnung erstatten.

>> Die DB wird der Kommission die erforderlichen Daten vorlegen, anhand deren diese beurteilen kann, ob die von der DB nach dem neuen Preissystem verlangten Preise zu einer Margenbeschneidung führen würden.

Die Verpflichtungen sollen ab 2014 für einen Zeitraum von fünf Jahren gelten.

Betroffene Marktteilnehmer können innerhalb eines Monats nach Veröffentlichung der Verpflichtungsangebote dazu Stellung nehmen.

Hintergrundinformationen zur Untersuchung
Im Juni 2013 setzte die Kommission die DB von ihrer vorläufigen Beurteilung in Kenntnis, dass die DB ihre beherrschende Stellung auf dem Markt für die Bahnstromversorgung in Deutschland unter Verstoß gegen Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) missbräuchlich ausgenutzt haben könnte. Das in Rede stehende Verhalten bezieht sich auf die Bahnstrompreispolitik des Unternehmens, die zu einer Margenbeschneidung auf den Märkten für den Schienengüterverkehr und den Schienenpersonenfernverkehr in Deutschland geführt haben könnte. Eine Margenbeschneidung liegt vor, wenn die von einem beherrschenden Unternehmen auf einem vorgelagerten Markt (im vorliegenden Fall die Versorgung mit Bahnstrom) verlangten Preise es den Wettbewerbern auf dem nachgelagerten Markt (im vorliegenden Fall die Erbringung von Schienenverkehrsleistungen) nicht erlauben, langfristig rentabel zu bleiben.

Als Bahnstrom wird der Strom mit einer Frequenz von 16,7 Hertz bezeichnet, der zum Antrieb von Lokomotiven in Deutschland verwendet wird und ein unentbehrliches Vorleistungsprodukt für Eisenbahnverkehrsunternehmen darstellt. Die DB Energie ist derzeit der einzige Bahnstromanbieter in Deutschland und hat somit eine beherrschende Stellung auf diesem Markt inne.

Die DB Energie vertreibt den Bahnstrom derzeit im Rahmen eines Vollversorgungsangebots, bei dem die Eisenbahnverkehrsunternehmen einen Preis zahlen, der sowohl ihren Bahnstromverbrauch als auch ihre Nutzung des von der DB Energie verwalteten Bahnstromnetzes abdeckt. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs, in dem festgestellt wurde, dass das Bahnstromnetz der Regulierung durch die Bundesnetzagentur unterliegt, wird die DB Energie ihr Bahnstrompreissystem ändern und das – gesetzlich geregelte – Netzentgelt und den Strompreis separat berechnen. Dies dürfte es anderen Stromanbietern ermöglichen, Eisenbahnverkehrsunternehmen ebenfalls mit Bahnstrom zu versorgen und somit mit der DB Energie zu konkurrieren.

Hintergrund des Verfahrens
Artikel 102 AEUV verbietet die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

Ergibt der Markttest, dass die Verpflichtungszusagen der DB die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission zufriedenstellend ausräumen, kann die Kommission einen Beschluss nach Artikel 9 der EU-Kartellverordnung 1/2003 erlassen und die Zusagen damit für die DB für rechtlich bindend erklären. Gegenstand eines solchen Beschlusses nach Artikel 9 ist nicht die Feststellung, dass ein Verstoß gegen die EU-Kartellvorschriften vorliegt, sondern die rechtliche Verpflichtung der beteiligten Unternehmen, den eingegangenen Verpflichtungen nachzukommen. Bei Nichterfüllung dieser Verpflichtungen kann die Kommission gegen das Unternehmen eine Geldbuße von bis zu 10 % seines weltweiten Jahresumsatzes verhängen, ohne einen Verstoß gegen die Kartellvorschriften feststellen zu müssen.

Die Kommission leitete im Juni 2012 ein Kartellverfahren ein, nachdem sie unangekündigte Nachprüfungen in den Geschäftsräumen der DB durchgeführt hatte. (Europäische Kommission: ra)


Meldungen: Europäische Kommission

  • Angleichung der Schweiz an das EU-Recht

    Die Europäische Kommission unternahm einen wichtigen Schritt, um die Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz zu stärken und auszubauen. Sie unterbreitete dem Rat Vorschläge zur Genehmigung der Unterzeichnung und des Abschlusses eines umfassenden Pakets von Abkommen, das einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Ratifizierung eines modernisierten Rahmens für die Zusammenarbeit darstellt.

  • Achtes illustratives Nuklearprogramm

    Die Umsetzung der Pläne der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Kernenergie wird erhebliche Investitionen in Höhe von rund 241 Mrd. EUR bis 2050 erfordern, sowohl für die Verlängerung der Lebensdauer bestehender Reaktoren als auch für den Bau neuer Großreaktoren. Zusätzliche Investitionen sind für kleine modulare Reaktoren (SMR), fortgeschrittene modulare Reaktoren (AMR) und Mikroreaktoren erforderlich, und die Kommission hat in ihrem achten illustrativen Nuklearprogramm (PINC) die Fusion für die längerfristige Zukunft bewertet.

  • Änderungen bei den DAWI-Vorschriften

    Die EU-Kommission ersucht um Rückmeldungen zu einer Überarbeitung der Beihilfevorschriften für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI), die dem Mangel an erschwinglichem Wohnraum entgegenwirken soll. Zur Überbrückung der Investitionslücke für erschwinglichen Wohnraum bedarf es großer Investitionen. Staatliche Beihilfemaßnahmen können einen Anreiz für die erforderlichen Investitionen bieten.

  • Glaubwürdige Wettbewerber

    Die Europäische Kommission hat die geplante Übernahme von Intelsat Holdings S.à r.l. ("Intelsat") durch SES S.A. ("SES") ohne Auflagen nach der EU-Fusionskontrollverordnung genehmigt. Nach Prüfung des Vorhabens kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass der Zusammenschluss keinen Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gibt.

  • Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

    Die Europäische Kommission hat ihre Liste der Länder und Gebiete mit hohem Risiko aktualisiert, die strategische Mängel in ihren nationalen Systemen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufweisen. EU-Einrichtungen, die unter den AML-Rahmen fallen, müssen bei Transaktionen, an denen diese Länder beteiligt sind, verstärkte Wachsamkeit walten lassen. Dies ist wichtig, um das Finanzsystem der EU zu schützen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen