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EU-Kartellvorschriften in der Schifffahrt


Kartellrecht: EU-Kommission holt Rückmeldungen zum Funktionieren der kartellrechtlichen Freistellung bestimmter Seeschifffahrtskonsortien ein
Nach den kartellrechtlichen Vorschriften der EU sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen, mit denen der Wettbewerb beschränkt wird, generell verboten



Die Europäische Kommission hat eine Aufforderung zur Stellungnahme veröffentlicht und um Rückmeldungen zum Funktionieren des EU-Rechtsrahmens gebeten, mit dem Seeschifffahrtskonsortien von den EU-Kartellvorschriften (Gruppenfreistellungsverordnung für Seeschifffahrtskonsortien oder "Gruppenfreistellungsverordnung") freigestellt werden.

Zudem hat die Kommission an Interessenträger in der maritimen Linienschiffahrtslieferkette (d. h. Seeverkehrsunternehmen, Verlader und Spediteure sowie Hafen- und Terminalbetreiber) gezielte Fragebögen gerichtet, mit denen festgestellt werden soll, wie sich Konsortien zwischen Seeschifffahrtsunternehmen und die Gruppenfreistellungsverordnung für Seeschifffahrtskonsortien seit 2020 auf die Tätigkeiten der Interessenträger ausgewirkt haben.

Die Bewertung
Nach den kartellrechtlichen Vorschriften der EU sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen, mit denen der Wettbewerb beschränkt wird, generell verboten. Die Gruppenfreistellungsverordnung für Seeschifffahrtskonsortien erlaubt jedoch unter bestimmten Voraussetzungen, dass Seeschifffahrtsunternehmen mit einem gemeinsamen Marktanteil von weniger als 30 Prozent Kooperationsvereinbarungen schließen, um gemeinsame Gütertransportdienste zu erbringen. Diese Vereinbarungen werden auch als "Konsortien" bezeichnet.

Die Gruppenfreistellungsverordnung läuft am 25. April 2024 aus. Deshalb muss die Kommission eine Bewertung dieser Verordnung vornehmen, um festzustellen, wie sie seit 2020 funktioniert.

Die Aufforderung zur Stellungnahme und die gezielten Fragebögen sind Teil der Bewertung der Gruppenfreistellungsverordnung. Die der Kommission zugehenden Rückmeldungen werden die Daten ergänzen, die die Kommission im Rahmen ihrer sektoralen Überwachungstätigkeiten zusammengetragen hat. In den vergangenen beiden Jahren hat die Kommission mit Marktteilnehmern wie Verladern, Spediteuren und Seeverkehrsunternehmen sowie mit Wettbewerbs- und Aufsichtsbehörden in Europa, den USA und anderen Ländern einen regelmäßigen Austausch über die Herausforderungen geführt, mit denen die Seeschifffahrt konfrontiert ist. Im Dezember 2021 leitete die Kommission im Rahmen ihrer sektoralen Überwachungsmaßnahmen auch eine Bestandsaufnahme ein und richtete Fragebögen an auf Routen in die und aus der EU tätige Seeverkehrsunternehmen, um Marktinformationen zu sammeln, insbesondere über die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf die Geschäftstätigkeit der Seeverkehrsunternehmen und auf die maritime Lieferkette.

Hintergrund
Seeverkehrsliniendienste umfassen die Erbringung von regelmäßigen, fahrplangebundenen maritimen Diensten im Bereich des Gütertransports (ohne Massengüter, überwiegend in Containern) auf einer bestimmten Route. Sie spielen eine wesentliche Rolle für den Handel in der EU und für die EU-Wirtschaft insgesamt. Diese Dienste erfordern erhebliche Investitionen und werden daher in der Regel von mehreren, im Rahmen von Konsortien zusammenarbeitenden Schifffahrtsunternehmen erbracht.

Artikel 101 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) untersagt wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen Unternehmen. Nach Artikel 101 Absatz 3 AEUV können solche Vereinbarungen jedoch für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden, wenn sie unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder
verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, ohne den Wettbewerb auszuschalten.

Die Verordnung (EG) Nr. 246/2009 des Rates sieht vor, dass die Kommission nach Artikel 101 Absatz 3 AEUV Konsortien für einen auf fünf Jahre begrenzten Zeitraum von der Anwendung des Artikels 101 Absatz 1 AEUV freistellen kann, wobei die Möglichkeit einer Verlängerung besteht. Vor diesem Hintergrund nahm die Kommission im Jahr 2009 die Gruppenfreistellungsverordnung für Seeschifffahrtsunternehmen (Verordnung (EG) Nr. 906/2009 der Kommission) an, in der die spezifischen Voraussetzungen für eine solche Freistellung festgelegt sind. Mit diesen Voraussetzungen soll insbesondere sichergestellt werden, dass die Kunden angemessen an dem entstehenden Gewinn beteiligt werden.

Die Kommission hat die Geltungsdauer dieser Gruppenfreistellungsverordnung in den Jahren 2014 und 2020 verlängert. Die Verlängerung im Jahr 2020 wurde beschlossen, weil die Bewertung gezeigt hatte, dass die Gruppenfreistellungsverordnung trotz der Marktentwicklung (verstärkte Konsolidierung, Konzentration, technologischer Wandel, zunehmende Größe der Schiffe) im Einklang mit dem für die Politikgestaltung seitens der Kommission geltenden Konzept der Besseren Rechtsetzung weiterhin zweckmäßig war und ihre Ziele erfüllte. Darüber hinaus erfüllten die Konsortialvereinbarungen, die mit den Voraussetzungen der Gruppenfreistellungsverordnung im Einklang standen, weiterhin die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 AEUV. Konkret hatte die Kommission festgestellt, dass die Gruppenfreistellungsverordnung zu Effizienzgewinnen für Seeverkehrsunternehmen führte, die die Kapazität der Schiffe besser nutzen und mehr Verbindungen anbieten konnten.

Die Freistellung galt nur für Konsortien mit einem Marktanteil von nicht mehr als 30 Prozent, deren Mitglieder die Preise frei festlegen konnten. Vor diesem Hintergrund führten diese Effizienzgewinne zu niedrigeren Preisen und einer besseren Dienstleistungsqualität für die Verbraucher. Insbesondere hatte die Bewertung ergeben, dass in den letzten Jahren sowohl die Kosten für die Seeverkehrsunternehmen als auch die Preise für die Kunden pro 20-Fuß-Einheit (TEU) um rund 30 Prozent gesunken waren, während die Qualität der Dienstleistungen stabil geblieben war. Um bei etwaigen Änderungen der Marktbedingungen eine raschere Reaktion zu ermöglichen, war die Verlängerung auf vier Jahre begrenzt – gegenüber der üblicherweise fünfjährigen Geltungsdauer der Gruppenfreistellungsverordnung für Seeschifffahrtskonsortien.
(Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 26.09.22
Newsletterlauf: 22.11.22


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