Sie sind hier: Home » Recht » Deutschland » Weitere Urteile

Verrechnung der Zinsaufwendungen und -erträge


BFH äußert sich erstmals materiell-rechtlich zur Behandlung von Cash-Pools im Steuerrecht
Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung der Schuldzinsen bei Cash-Pooling



Soll- und Habenzinsen, die aus wechselseitig gewährten Darlehen innerhalb eines Cash-Pools entstehen, sind bei der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung der Schuldzinsen in begrenztem Umfang miteinander verrechenbar. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. Oktober 2018 III R 37/17 sind die vielfältigen wechselseitigen Schuldverhältnisse innerhalb eines Cash-Pools bankarbeitstäglich zusammenzufassen und fortzuschreiben. Nur der Zins, der für einen gegebenenfalls verbleibenden Schuldsaldo entsteht, ist hinzurechnungsfähig. Der BFH hat sich damit erstmals materiell-rechtlich zur Behandlung von Cash-Pools im Steuerrecht geäußert.

Die Klägerin ist eine GmbH und Teil einer Unternehmensgruppe. Die Gesellschaften der Gruppe beteiligten sich zur Zins- und Finanzierungsoptimierung an einer Liquiditätsbündelung ihrer Konten (Cash-Pooling). Hierzu unterhielten die Klägerin und die anderen Tochterunternehmen bei verschiedenen Kreditinstituten Quellkonten und die Muttergesellschaft zu jedem dieser Quellkonten ein paralleles Zielkonto. Die Konten wurden in unterschiedlichen Währungen geführt. Der Saldo jedes Quellkontos der Klägerin wurde bankarbeitstäglich auf Null gestellt, indem ein etwaiges Guthaben auf das Zielkonto der Muttergesellschaft überwiesen wurde oder ein etwaiger Negativsaldo durch eine Überweisung vom Zielkonto der Muttergesellschaft ausgeglichen wurde.

Die dadurch entstehenden wechselseitigen Verbindlichkeiten zwischen der Klägerin und der Muttergesellschaft wurden mit 5,5 Prozent p.a. verzinst. In ihrer Buchhaltung führte die Klägerin für jedes Quellkonto ein gesondertes Verrechnungskonto, berechnete täglich die Zinsen und buchte diese monatlich saldiert als Aufwand oder Ertrag. In ihrem auf dem 31. Dezember 2010 aufgestellten Jahresabschluss nahm die Klägerin eine Saldierung von Zinsaufwendungen und -erträgen vor und erfasste im Ergebnis keine Zinsaufwendungen. Entsprechend erklärte die Klägerin in ihrer Gewerbesteuererklärung für 2010 keine Zinsaufwendungen aus dem Cash-Pool. Das Finanzamt war hingegen der Auffassung, dass eine Saldierung der Zinsaufwendungen und -erträge aus dem Cash-Pool unzulässig sei. Dieser Auffassung schloss sich auch das Finanzgericht (FG) an und wies die Klage ab.

Demgegenüber sieht der BFH eine Verrechnung der Zinsaufwendungen und -erträge als möglich an. Der BFH hob das Urteil des FG auf und verwies die Sache an das FG zurück.

Nach dem Urteil des BFH gilt hinsichtlich der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung von Schuldzinsen zwar grundsätzlich ein Saldierungsverbot, aufgrund dessen weder die mehreren Schuldverhältnisse noch die daraus entstehenden Schuldzinsen miteinander verrechnet werden dürfen.

Ausnahmsweise können wechselseitig zwischen zwei Personen gegebene Darlehen gewerbesteuerrechtlich aber als einheitliches Darlehensverhältnis beurteilt werden, wenn sie gleichartig sind, derselben Zweckbestimmung dienen und regelmäßig tatsächlich miteinander verrechnet werden. Diese Voraussetzungen hat der BFH im vorliegenden Fall bejaht. Deshalb können sämtliche in den Cash-Pool einbezogenen Quellkonten bankarbeitstäglich miteinander verrechnet werden.

Der dann entstehende Saldo ist fortzuschreiben, indem er mit dem Saldo verrechnet wird, der sich am jeweiligen Folgetag ergibt. Nur soweit danach am jeweiligen Tag ein Schuldsaldo zu Lasten der Klägerin verbleibt, ist der darauf entfallende Zins ein hinzurechnungsfähiges Entgelt im Sinne des Gewerbesteuerrechts. Ein solcher Schuldsaldo entfällt auch nicht dadurch, dass an einem späteren Tag ein Guthabensaldo zugunsten der Klägerin entsteht. Da das FG für die insoweit notwendigen Berechnungen noch keine hinreichenden tatsächlichen Feststellungen getroffen hatte, wies der BFH die Sache zur erneuten Prüfung an das FG zurück. (Pressemitteilung des Buindesfinanzhofs vom 6. März 2019: ra)

eingetragen: 10.03.19
Newsletterlauf: 24.04.19


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>



Meldungen: Weitere Urteile

  • Verdeckte Gewinnausschüttung?

    Eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensverschiebung von einer Kapitalgesellschaft an einen Gesellschafter setzt einen Zuwendungswillen voraus. Ein solcher kann aufgrund eines Irrtums des Gesellschafter-Geschäftsführers fehlen.

  • Bekämpfung von Steuerhinterziehung

    Schweizer Banken können Informationen zu Konten und Depots deutscher Staatsangehöriger an die deutsche Finanzverwaltung übermitteln. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 23.01.2024 - IX R 36/21 entschieden. Der BFH sieht in der Übermittlung von Informationen zu ausländischen Bankkonten an die deutschen Steuerbehörden keine Verletzung der Grundrechte der inländischen Steuerpflichtigen.

  • Werbungskosten & Aufstiegsfortbildung

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 23.11.2023 - VI R 9/21 entschieden, dass ein teilweiser Darlehenserlass bei der beruflichen Aufstiegsfortbildung zu steuerpflichtigem Arbeitslohn bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes) führt.

  • Fluorierte Treibhausgase & fehlende Pflichtangaben

    Die Wettbewerbszentrale ist seit Mitte 2023 in aktuell elf Fällen gegen teils umweltbezogene Werbung mit Bezug zur Energiewende vorgegangen. Die Fälle betrafen vor allem den Markt für Photovoltaik- und Solaranlagen, Wärmepumpen und Klimaanlagen.

  • Gewinnermittlung nach der Tonnage

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 19.10.2023 - IV R 13/22 dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob § 52 Abs. 10 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes - GG -) verstößt, soweit diese Vorschrift die rückwirkende Anwendung des § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG für Wirtschaftsjahre anordnet, die nach dem 31.12.1998 beginnen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen