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Urteil zu Künstlersozialabgaben


Dirk Nowitzki, seine Bank und die Künstlersozialkasse: Sozialabgabepflicht bei Testemonial-Werbung
Tipp: Für die "künstlerische Leistung" und "sonstige Leistungen" getrennte Beträge auszuweisen


(16.04.07) - Was haben Dirk Nowitzki, Boris Becker und Michael Schumacher gemein? Richtig. Sportler. Was noch? Auch richtig, sie machen Werbung. Michael Schumacher für Autos, Boris Becker für Bier und Dirk Nowitzki treibt für eine Direktanlagebank seinen Baseball über das Feld, schwingt sich mit einem lässigen Sprung Richtung Korb auf und versenkt den Ball. Volltreffer, dachte sich die Bank. Gute Werbung. Volltreffer, dachte sich auch die Künstlersozialkasse und schwang sich auf, von der Bank Künstlersozialabgaben einzufordern. Vor dem Hessischen Landessozialgericht bekam sie nun Recht.

Das Gericht (Az.: L 8 KR 214/06) hat entschieden, dass die Ing DiBa für diesen Spot mit dem Basketballstar Künstlersozialabgabe zahlen muss. Im Rahmen des Verfahrens folgten die Darmstädter Richter der Auffassung der Sozialversicherung, die ING-DiBa müsse für Werbespots mit dem Basketballspieler Dirk Nowitzki einen fünfstelligen Betrag an die Künstlersozialkasse abführen. Die Bank hatte geltend gemacht, Dirk Nowitzki sei kein Künstler, sondern Sportler, eine Künstlersozialabgabe falle daher nicht an. Die Künstlersozialversicherung argumentierte dagegen, nach dem Gesetz seien auch Unternehmer zur Künstlersozialabgabe verpflichtet, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder betreiben und dabei regelmäßig Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten vergeben. Nowitzki sei in dem Werbespot für die ING-DiBa künstlerisch tätig geworden. Seine Honorare unterlägen daher auch der Sozialversicherungspflicht.

"Dieser Beschluss hat weitreichende Signalwirkung für die gesamte Testemonial-Werbung", erläutert Rechtsanwalt Nikolai Klute von rka Rechtsanwälte, "denn er macht deutlich, dass die Sozialgerichte zum Wohle der Künstlersozialkasse von einem weiten Begriff der 'selbstständigen Künstler' ausgehen. Es kommt demnach nicht darauf an, ob jemand schauspielerisch begabt ist oder nicht; allein die Präsens in der Werbung kann somit ausreichen, um die Abgabepflicht zu begründen".

Zum Kreis abgabepflichtiger Unternehmen zählen überdies nicht nur diejenigen, die typischerweise künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen verwerten (also Designfirmen, Werbeagenturen, Verlage etc. pp.). Abgabepflichtig sind nach § 24 Abs. 2 Künstlersozialversicherungsgesetz auch Unternehmer, die – wie die Ing DIBa - Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für ihr eigenes Unternehmen betreiben und nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen. Unerheblich ist dabei, ob die Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit sich auf ein bestimmtes Produkt bezieht oder das Image des Unternehmens verbessert werden soll.

"Damit", so Rechtsanwalt Klute, "eröffnet sich für die Künstlersozialkasse eine wunderbare Einnahmequelle. Denn Werbung mit bekannten Testemonials ist teuer. Häufig werden Beträge in sechsstelliger Höhe – gerade im Bereich der Fernsehwerbung – gezahlt. Davon kann sich die Künstlersozialkasse einen ordentlichen Anteil abzwacken: Derzeit 5,1 Prozent fallen als Abgabenlast bei den Unternehmen an."

Die Frage ist nur: Wann wird ein Sportler zum Künstler? Wenn Felix Magath pfeifend und im Trainingsanzug durch die Straßen läuft? Wenn Boris Becker genüsslich sein frisch gezapftes Bier in die Kamera hält? Wenn Schumacher aus seinem Lieferwagen steigt?

"Es steht zu befürchten", antwortet Rechtsanwalt Nikolai Klute, "Unternehmen können daher ihre Abgabepflicht wohl nur durch die Ausgestaltung der Verträge mit den Testemonials vorbeugen oder reduzieren. Dazu gehört u.a. die Aufschlüsselung der Leistungen. Pauschalzahlungen sollten vermieden werden. Besser ist es, für die "künstlerische Leistung" und "sonstige Leistungen" getrennte Beträge auszuweisen. Ansonsten kommt es auf den Einzelfall an." (rka Rechtsanwälte: ra)


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