KI als Schlüsseltechnologie


Sachverständiger forderte eine einheitliche KI-Strategie der Ministerien und Bundesländer
Kritik: EU konzentriere sich vorwiegend auf die Regulierung der Künstlichen Intelligenz, während die USA massiv in die Entwicklung der Technologie investiere




In Deutschland gibt es gute Ansätze für die Erforschung und Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) - doch an diese solide Ausgangslage muss unter anderem mit Investitionen und internationalen Kooperationen angeknüpft werden, um den Anschluss nicht zu verlieren. Das wurde bei einer öffentlichen Anhörung zum Thema "Künstliche Intelligenz als Schlüsseltechnologie für Deutschlands Zukunft stärken" des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung deutlich. Grundlage der Anhörung war ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion (20/8414) mit gleichnamigem Titel.

Der Ausschussvorsitzende Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) sagte zu Beginn der Anhörung, dass sich die Mitglieder des Ausschusses über die Bedeutung von Zukunftstechnologien wie Künstlicher Intelligenz bewusst seien. KI sei ein zentraler Innovationstreiber, so Gehring. Daher müssten die Chancen von KI bestmöglich genutzt und die Risiken minimiert werden.

Der Sachverständige Jörg Bienert vom KI Bundesvorstand Berlin (auf Vorschlag der Fraktion der CDU/CSU zur öffentlichen Anhörung eingeladen) kritisierte, dass sich die EU vorwiegend auf die Regulierung der Künstlichen Intelligenz konzentriere, während die USA massiv in die Entwicklung der Technologie investiere. Unternehmen in der EU seien mittlerweile "zu 80 Prozent von digitalen Services aus Übersee abhängig", so Bienert. Der Sachverständige forderte eine einheitliche KI-Strategie der Ministerien und Bundesländer und mehr Investitionen, ansonsten werde Deutschland den Anschluss im Bereich der KI verpassen und von ausländischen Anbietern abhängig werden. Um unabhängig zu bleiben, brauche Deutschland zudem zusätzliche eigene Supercomputer mit enormer Rechenleistung.

Dem widersprach Boris Hollas von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden (eingeladen auf Vorschlag der AfD-Fraktion). Gegen die Errichtung von Supercomputern in Deutschland sprächen beispielsweise die hohen Stromkosten hierzulande, sagte Hollas. Er erklärte zudem, dass Supercomputer an den Forschungseinrichtungen in Deutschland bisher vorrangig für Wissenschaftler ausgerichtet seien. Unternehmen sollten daher besser Cloud-Computing-Dienste nutzen. Außerdem brauche es "gewaltig viel Rechenleistung", um große KI-Modelle zu errichten. Diese Rechenleistung zu erreichen, sei mit den bisherigen Supercomputern in Deutschland schwierig. Hollas nannte es Aufgabe des Staates, dafür zu sorgen, gute Bedingungen für Unternehmen zu schaffen, damit diese nicht in die USA abwanderten.

Auch Ute Schmid von der Otto-Friedrich-Universität Bamberg (auf Vorschlag der SPD-Fraktion zur öffentlichen Anhörung eingeladen) forderte mehr Engagement dafür, dass der Nachwuchs im Bereich KI nicht in die USA abwandere. Deutschland müsse mehr dafür tun, damit die besten Köpfe ins Land kommen, sagte Schmid. Dabei helfen könnte beispielsweise ein Abbau der Bürokratie, so die Sachverständige. Schmid sagte, es brauche beides: Investitionen in Spitzenforscherinnen und Spitzenforscher von KI und Investitionen in die allgemeine Bildung über KI. So müsse es heutzutage Bestandteil aller Studiengänge sein, KI sicher und souverän zu nutzen und deren Konsequenzen einschätzen zu können. Schmid forderte zwar, dass in eine staatliche digitale Infrastruktur investiert werden müsse, dennoch seien gemeinsame europäische Strategien ebenso sinnvoll.

Katharina Morik (auf Vorschlag von Bündnis 90/Die Grünen eingeladen) setzte sich ebenfalls für gemeinsame europäische Projekte ein. Auch forderte die Sachverständige vom Lamarr-Institut der TU Dortmund, Post-Docs im Bereich der KI unbefristet zu beschäftigen, sodass Talente, die in Deutschland ausgebildet wurden, nicht direkt nach Amerika gingen. Zudem sollten junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mehr Rechte und Kompetenzen bekommen, um den stufenweisen Aufbau von KI in den Universitäten voranzubringen. Morik hob außerdem bisherige Errungenschaften im Bereich der KI vor: "Wir sollten die Erfolge der KI nicht ignorieren, sondern auf sie aufbauen". So gebe es zwar gute Ansätze in der KI-Forschung in Deutschland, doch es brauche mehr "Manpower und Geld".

Auch Kristian Kersting von der TU Darmstadt (auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion zur öffentlichen Anhörung eingeladen) forderte mehr staatliche Investitionen in die Forschung und Entwicklung von KI. Aktuell sei der globale Wettlauf um Rechenleistung im vollen Gange, so Kersting. Der Sachverständige befand, dass der Bedarf an Rechenleistung für KI-Modelle nicht nur ein aktuelles geopolitisches Druckmittel sei, sondern zukünftig dazu beitragen werde, dass Wirtschafts- und Wissenschaftsräume noch mehr miteinander konkurrieren. Kersting monierte, dass es Deutschland an der digitalen Infrastruktur mangele. Zudem forderte er, Antragsverfahren in der Wissenschaft für KI-Projekte anzupassen und zu verkürzen. Denn für "schnelllebige Technologien wie KI" seien die bisherigen Antragsverfahren der Wissenschaftsförderung zu langsam.

Nicole Büttner-Thiel vom Bundesverband Deutsche Startups (auf Vorschlag der FDP-Fraktion zur öffentlichen Anhörung eingeladen) sagte, dass im vergangenen Jahr in Deutschland 341 neue Startups mit direktem KI-Bezug gegründet worden. Das zeige Standort-Stärke, so Büttner-Thiel. Dennoch fehlte es der Sachverständigen an "Geschwindigkeit, Entschlossenheit und Investitionsbereitschaft" im Bereich der Entwicklung und Erforschung von KI-basierten Anwendungen. Insbesondere wenn Startups an die Börse gehen wollen, sei Deutschland als Unternehmensstandort nicht optimal geeignet. Büttner-Thiel forderte Initiativen zur Förderung solcher Vorhaben.

Wolfgang Nagel (auf Vorschlag der SPD-Fraktion zur öffentlichen Anhörung eingeladen) befand, dass es Supercomputer geben müsse, da Cloud-Computing-Dienste nicht für große KI-Modelle ausreichten. Dennoch sagte Nagel, dass es zukünftig nicht auf der ganzen Welt Rechenzentren geben werde, die enorme Leistungen von etwa einer bis einhundert Milliarden Rechenoperationen aufbringen könnten. Solche Rechenzentren seien auch zukünftig die Ausnahme, sagte der Sachverständige. Nagel betonte, dass auch die Energieeffizienz der Supercomputer nicht außer Acht gelassen werden dürfe. (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 23.05.24
Newsletterlauf: 01.07.24


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