Grüne wollen Datenschutz ins Grundgesetz aufnehmen


Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Gesetzentwurf: Im Grundgesetz soll das "Recht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme" jedes Einzelnen festgeschrieben werden
Der Schutz des neuen Grundrechtes könne keinesfalls hinter der in Artikel 13 des Grundgesetzes geregelten Unverletzlichkeit der Wohnung zurückbleiben


(16.07.08) - Um einen besseren Schutz der Grundrechte der Bürger angesichts des rasanten technischen Fortschritts bei den Informations- und Kommunikationstechnologien zu erreichen, fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem Gesetzentwurf (16/9607) Änderungen im Grundgesetz. So soll die bisher nur einfachgesetzlich verbürgte Informationsfreiheit grundrechtlich abgesichert werden. Dadurch sei zu erwarten, dass etwa bei der Abgrenzung zu den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen Dritter die verpflichteten öffentlichen Stellen dem Recht auf Informationsfreiheit eine höhere Bedeutung zukommen lassen, als dies gegenwärtig der Fall sei, schreiben die Grünen.

Außerdem soll im Grundgesetz das "Recht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme" jedes Einzelnen festgeschrieben werden. Im Zeitalter des Personalcomputers und des Blackberrys müssten diese Systeme unter den Schutz eines besonderen Grundrechtes gestellt werden, da sie einen umfassenden Einblick in die Persönlichkeit desjenigen geben, der sie nutzt. Um diese besondere Schutzbedürftigkeit auch materiell zum Ausdruck zu bringen, solle im Gesetzestext auf einen "ausdrücklichen Schrankenvorbehalt" verzichtet werden.

Der Schutz des neuen Grundrechtes könne keinesfalls hinter der in Artikel 13 des Grundgesetzes geregelten Unverletzlichkeit der Wohnung zurückbleiben. Auch der absolute Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung muss aus Sicht der Grünen in den Wortlaut des Grundgesetzes aufgenommen werden. Um "Missverständnissen vorzubeugen" wird in der Gesetzesbegründung angemerkt, "dass der Kernbereich privater Lebensgestaltung keineswegs das Begehen von Straftaten abdeckt".

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 2a, 5a, 13a, 19)

A. Problem
Das Grundgesetz (GG) wird demnächst 60 Jahre alt. Der rasante technische Fortschritt gerade bei den Informations- und Kommunikationstechnologien konnte 1949 nicht vorausgesehen werden. Deshalb blieb es bisher im Wesentlichen dem Bundesverfassungsgericht überlassen, den in Hinblick auf diese neuen Entwicklungen notwendigen Schutz der Grundrechte durch eine Auslegung des überkommenen Grundrechtekatalogs sicherzustellen.

Als Meilensteine auf diesem Weg sind das Volkszählungsurteil aus dem Jahr 1983 (informationelles Selbstbestimmungsrecht) und das Urteil zur Online-Durchsuchung vom 27. Februar 2008 (Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme) zu nennen.

Gerade im Bereich der Grundrechte ist es wünschenswert, dass die Bürger ihre grundlegenden Rechte aus der Verfassung selbst auch im Bereich der neuen Technologien in hinreichender Klarheit entnehmen können. Der verfassungsgebende Gesetzgeber ist daher gehalten, die neuen Grundrechtepositionen widerspruchsfrei in die bestehende Grundrechteordnung einzufügen.

Eine Verankerung klarer Gewährleistungen für den Bereich des Datenschutzes soll darüber hinaus Aufforderung an den Gesetzgeber sein, die schon lange notwendige Überarbeitung der Datenschutzgesetze endlich anzugehen und insbesondere auch den Schutz vor zunehmend bedrohlichen privaten Datensammlungen auszubauen.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass sich mit dem zunehmenden Wandel zu einer Informations- und Kommunikationsgesellschaft auch das Verständnis der Bedeutung staatlicher Informationen gewandelt hat. In einer offenen Gesellschaft dürfen staatliche Informationssammlungen nicht mehr vor den Bürgern abgeschirmt werden. Vielmehr muss ihnen grundsätzlich gerade umgekehrt der Zugang zu diesen Informationen offenstehen.

Ein derartiger Zugang wird gegenwärtig nur durch die einfachen Gesetze gesichert (Informationsfreiheitsgesetze). Die Wichtigkeit des freien Zugangs zu öffentlichen Informationen gebietet es jedoch, dieses Recht im Grundrechtekatalog abzusichern.

B. Lösung
Es werden grundrechtliche Gewährleistungen auf Selbstbestimmung über persönliche Daten (Artikel 2a), die Informationsfreiheit (Artikel 5a) und über den Schutz informationstechnischer Systeme (Artikel 13a) verankert. Dabei wird auch der absolute Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung im Wortlaut der Verfassung abgesichert, da dieser Bereich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gerade für den Zugriff auf private Daten besondere Bedeutung gewonnen hat.

C. Alternativen
Beibehaltung des bisherigen Zustandes.

D. Kosten
Keine

Hier geht's zum Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 2a, 5a, 13a, 19)
(Deutscher Bundestag: Die Grünen: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • PKGr-Bericht über Kontrolltätigkeit vorgelegt

    Als Unterrichtung durch das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) liegt dessen "Bericht über die Kontrolltätigkeit gemäß Paragraf 13 des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes" (21/12) für den Berichtszeitraum Oktober 2023 bis Februar 2025 vor. Das PKGr kontrolliert die Bundesregierung hinsichtlich der Tätigkeit der Nachrichtendienste des Bundes (Bundesamt für Verfassungsschutz, Militärischer Abschirmdienst, Bundesnachrichtendienst).

  • Deutsche Bahn dominiert

    Die Bundesregierung hat eine auf das 9. Sektorgutachten Bahn der Monopolkommission (20/8027) bezogene Stellungnahme vorgelegt (21/21). Dabei werde auf die Marktsituation bis zum 1. Halbjahr 2024 sowie auf Maßnahmen der Bundesregierung Bezug genommen, die bis zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen worden sind oder deren Umsetzung bevorsteht, heißt es in der Unterrichtung.

  • Internationale Standards und Normen

    Nach Ansicht der Bundesregierung werden im Amtsblatt der EU veröffentlichte harmonisierte europäische Normen nicht generell Teil des Unionsrechts, auch wenn die EU-Kommission aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes eine andere Meinung vertritt. Dies erklärt die Bundesregierung in der Antwort (20/15026) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/14834).

  • Treibhausgas (THG)-Emissionen

    Die sektorenübergreifenden Treibhausgas (THG)-Emissionen sind seit dem Jahr 2021 deutlich gesunken,wobei alle Sektoren bis auf den Verkehr Rückgänge verzeichneten. Die Geschwindigkeit der THG-Emissionsminderung variiert erheblich zwischen den Sektoren. Das geht aus einer Unterrichtung der Bundesregierung zum Gutachten des Expertenrats für Klimafragen zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen, Trends der Jahresemissionsmengen und zur Wirksamkeit von Maßnahmen hervor (20/14900).

  • Regierung: Berichtspflichten zu umfangreich

    Die Berichtspflichten für Unternehmen sind nach Auffassung der Bundesregierung im internationalen Wettbewerb zu umfangreich. Dazu zählt die Regierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion auch Nachhaltigkeitsberichtspflichten. Die Offenlegung ähnlicher Sachverhalte solle weiter vereinheitlicht werden, um "Doppelreporting" zu vermeiden.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen