Telekom-Bespitzelungsaffäre im Innenausschuss


Telekom-Affäre mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten erörtert – FDP: Mit Selbstverpflichtungen komme man nicht weiter - besser seien gesetzliche Regelungen
Unions-Fraktion: Bei der Deutschen Telekom sei offensichtlich eine "enorme kriminelle Energie" vorhanden gewesen – Die Linke: Pflicht nach sechsmonatiger Speicherung der Telefondaten durch die Telekommunikationsunternehmen hinterfragen


(05.06.08) - Der Umgang mit der so genannten Telekom-Bespitzelungsaffäre wurde am 4. Juni im Innenausschuss diskutiert. Dabei erläuterte ein Vertreter des Bundesinnenministeriums (BMI) Ziel und Verlauf des Treffens von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit Vertretern der Telekom und der Branchenverbände am Montag.

Ziel sei es gewesen, so der BMI-Vertreter, in einen Dialog über den Datenschutz zu treten. Verbandsvertreter hätten darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Fall Telekom um einen Einzelfall handle. Die Telekom selber habe mitgeteilt, dass man schon Maßnahmen getroffen habe, um den Zugriff auf Kundendaten einzuschränken. Laut BMI ist zur Lösung des Problems ein mehrstufiges Verfahren angedacht, bei dem die Selbstregulierung der Branche im Mittelpunkt stünde.

Aus Sicht des Bundesbeauftragten für Datenschutz, Peter Schaar, müsse erst noch die Frage geklärt werden, ob es sich um einen Einzelfall gehandelt habe oder um "strukturelle" Mängel. Die Beantwortung dieser Frage sie von Bedeutung für das weitere politische Vorgehen. Ein Lösungsansatz ist aus Sicht des Datenschützers eine umfassende Protokollierung der Zugriffe auf die Daten im Unternehmen. Diese sei derzeit nicht ausreichend gewährleistet. Außerdem müsse die Datenschutzaufsichtsbehörde in den Unternehmen in die Lage versetzt werden, solchen Vorgängen auf die Spur zu kommen und sie auch zu sanktionieren. Dazu müsse die interne Struktur in den Betrieben unter die Lupe genommenen werden, forderte Schaar.

Die Frage, ob es sich bei der Telekom um einen Einzelfall gehandelt hat, müsse angesichts der Überwachungspraktiken bei verschiedenen Discountern wohl eher verneint werden, sagte ein Vertreter der SPD-Fraktion. Es habe vielmehr den Anschein, dass die Unternehmen Gesetze "nicht weiter beachten" würden. Der Ruf nach Gesetzesänderung sei allerdings allzu "wohlfeil". Vielmehr müssten die Kontrollmöglichkeiten beim Datenschutz verbessert werden.

Die Vertreterin der Unions-Fraktion verzeichnete einen "große Verunsicherung" in der Bevölkerung. Man müsse jedoch eingestehen: Eine hundertprozentige Sicherheit gegen kriminelles Handeln gebe es nicht. Bei der Telekom sei offensichtlich eine "enorme kriminelle Energie" vorhanden gewesen. Aus Sicht der Union müsse man diesen Fall jedoch klar von der gesetzlich verankerten Vorratsdatenspeicherung trennen.

Genau dies sieht die Opposition jedoch anders. Der Fall müsse Anlass sein, die Pflicht nach sechsmonatiger Speicherung der Telefondaten durch die Telekommunikationsunternehmen zu hinterfragen, sagte die Vertreterin der Linksfraktion und stellte die Frage, was der Vertreter der Bundesregierung im Aufsichtsrat der Telekom von den Vorgängen gewusst haben mag. Auch die FDP-Fraktion sieht durchaus einen Zusammenhang. Schließlich speichere die Telekom die Daten im Auftrag des Staates.

Die Liberalen zeigten sich verwundert über die Haltung des BMI in der Affäre. Mit Selbstverpflichtungen komme man nicht weiter - besser seien gesetzliche Regelungen.

Die Grünen-Fraktion verlangte, die Aufarbeitung des Geschehens nicht dem BMI zu überlassen. Diese müsse vielmehr in der Verantwortung und der Zuständigkeit des Parlaments liegen. Die vom BMI angeregte Selbstverpflichtung sei "lächerlich", sagte die Grünen-Vertreterin, die auch auf den Zusammenhang zur Vorratsdatenspeicherung verwies. Aufgrund dieser Vorschrift speicherten die Unternehmen die Daten länger als aus unternehmerischer Sicht nötig, was die Gefahr des Missbrauchs erhöhe. (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Internationale Standards und Normen

    Nach Ansicht der Bundesregierung werden im Amtsblatt der EU veröffentlichte harmonisierte europäische Normen nicht generell Teil des Unionsrechts, auch wenn die EU-Kommission aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes eine andere Meinung vertritt. Dies erklärt die Bundesregierung in der Antwort (20/15026) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/14834).

  • Treibhausgas (THG)-Emissionen

    Die sektorenübergreifenden Treibhausgas (THG)-Emissionen sind seit dem Jahr 2021 deutlich gesunken,wobei alle Sektoren bis auf den Verkehr Rückgänge verzeichneten. Die Geschwindigkeit der THG-Emissionsminderung variiert erheblich zwischen den Sektoren. Das geht aus einer Unterrichtung der Bundesregierung zum Gutachten des Expertenrats für Klimafragen zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen, Trends der Jahresemissionsmengen und zur Wirksamkeit von Maßnahmen hervor (20/14900).

  • Regierung: Berichtspflichten zu umfangreich

    Die Berichtspflichten für Unternehmen sind nach Auffassung der Bundesregierung im internationalen Wettbewerb zu umfangreich. Dazu zählt die Regierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion auch Nachhaltigkeitsberichtspflichten. Die Offenlegung ähnlicher Sachverhalte solle weiter vereinheitlicht werden, um "Doppelreporting" zu vermeiden.

  • Digitale Souveränität in der Bundesverwaltung

    Über die Beschaffung und den Einsatz von IT-(Sicherheits-)Produkten durch den Bund als öffentlichen Auftraggeber informiert die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/14887) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU (20/14226). Unter der Überschrift "Digitale Souveränität in der Bundesverwaltung" wird darin ein umfassender Überblick über die Beschaffung und Zulassung von einzelnen IT-Sicherheitsprodukten und -diensten gegeben.

  • Aktive Beteiligungsführung bei Unternehmen

    Die Bundesregierung bestätigt in ihrer Antwort (20/14693) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (20/14379) die zu Ende 2024 erfolgte Änderung der Richtlinien für eine aktive Beteiligungsführung bei Unternehmen mit Bundesbeteiligung. Bereits die bis November 2024 geltenden Regelungen hätten vorgesehen, dass Mitglieder des Bundestages "in Ausnahmefällen" in Aufsichtsgremien von Unternehmen mit Bundesbeteiligung berufen werden können, heißt es in der Antwort.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen