Verstaatlichung von Banken im Visier der Parteien


Bankrotterklärung der freien Marktwirtschaft? Die Grünen sind für eine Teilverstaatlichung angeschlagener Banken - Linksfraktion: Großbanken komplett vergesellschaften
Bündnis 90/Die Grünen verlangen, dass die im Finanzmarktstabilisierungsgesetz festgeschriebene Grenze, wonach der Staat sich höchstens bis zu einem Drittel an einer Bank beteiligen darf, aufgehoben wird


(03.02.09) - Immer offener wird in der Berliner Parteienlandschaft die Möglichkeit einer Verstaatlichung von Banken diskutiert. Die Bundesregierung soll durch die Finanzkrise in Schieflage geratenen Banken vorrangig mit einer direkten Kapitalzuführung helfen. Dann müsse aber sichergestellt sein, dass die Bundesregierung ihre Kontrollrechte an dem unterstützten Institut so wahrnimmt, wie sie ihrem Anteil entsprechen würden. "Die neue Priorität bei der Bankenrettung muss verstärkt in der intelligenten Teilverstaatlichung liegen", heißt es in einem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (16/11756).

Durch die Teilverstaatlichung könne der Bund effektiv Einfluss auf die Geschäftspolitik nehmen und seine Anteile später wieder am Kapitalmarkt verkaufen. Mit mehr Einfluss auf die Geschäftspolitik könne der Bund auch dafür sorgen, dass die Kapitalversorgung kleiner und mittlerer Unternehmen bestmöglich aufrechterhalten werden kann.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt, dass die im Finanzmarktstabilisierungsgesetz festgeschriebene Grenze, wonach der Staat sich höchstens bis zu einem Drittel an einer Bank beteiligen darf, aufgehoben wird: "Wenn durch die drohende Insolvenz einer Bank Gefahren für das gesamte Finanzsystem bestehen, so soll eine vorübergehende Verstaatlichung bis zu 100 Prozent leichter als bisher möglich sein", schreibt die Fraktion.

Außerdem verlangen die Abgeordneten eine effektive parlamentarische Kontrolle. Es müsse ein Gremium des Bundestages zeitnah und umfassend alle Informationen erhalten, um sich vom Regierungshandeln ein Bild machen zu können. "Es braucht umfangreiche Kontrollrechte. Nur so kann parlamentarische Kontrolle funktionieren", fordert die Fraktion. Die Gründung einer staatlichen "Bad Bank", die sogenannte toxische Papiere übernehmen soll, wird abgelehnt. Den Banken solle es überlassen bleiben, "Bad Banks" zu gründen. Der Staat könne allenfalls eine Beteiligung eingehen.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hält außerdem gemeinsame europäische Maßnahmen zur Stabilisierung der Finanzmärkte für erforderlich. Die Europäische Zentralbank müsse verstärkt über den Ankauf von Wertpapieren an der Stabilisierung der Märkte und der Sicherung der Kreditversorgung mitwirken. Die jeweils nationale Herangehensweise an die Bankenrettung sei ein Irrweg. "Europa muss für die Wiederherstellung eines funktionsfähigen europäischen Finanzmarkts gemeinsam handeln", schreibt die Fraktion.

Nach einer Vergesellschaftung der Großbanken müsse die Kontrolle des operativen Geschäfts sichergestellt sein, fordert die Linksfraktion
Die Bundesregierung soll die privaten Großbanken zu 100 Prozent verstaatlichen und die dafür erforderlichen Maßnahmen schaffen. Das verlangt die Linksfraktion in einem Antrag (16/11747).

Die Bundesregierung habe bisher mit der Rettung der IKB, Hypo Real Estate und Commerzbank die Allgemeinheit mit Verlusten oder Risiken in Höhe von 100 Milliarden Euro belastet. Der Versuch, die Finanzkrise dadurch zu beenden, sei jedoch gescheitert. Die bisherige Praxis der Regierung, diesen Banken die Risiken und Verluste abzunehmen, stelle eine Veruntreuung von Steuermitteln dar. "Die privaten Großbanken drosseln die Kreditversorgung und gefährden damit Betriebe und Arbeitsplätze", schreibt die Linksfraktion. Gleichzeitig reiße die Serie der Verlustmeldungen nicht ab. So werde in Deutschland ein Abschreibungsbedarf bis zu einer Billion Euro erwartet.

Nach einer Vergesellschaftung der Großbanken müsse die Kontrolle des operativen Geschäfts sichergestellt sein, fordert die Linksfraktion. Leerverkäufe und Ausschüttungen an bisherige Aktionäre sollen verboten werden. Es müsse eine Auslagerung aller toxischen Papiere erfolgen. Die dadurch entstehenden Verluste sollten durch Bankgewinne aus dem operativen Geschäft abgetragen werden.

Schrottpapiere und nicht abtragbare Verluste sollten nicht sozialisiert, sondern durch die Aufnahme einer Zwangsanleihe für Einkommensbezieher ab einem zu versteuernden jährlichen Einkommen von mehr als einer Million Euro finanziert werden. (Deutscher Bundestag: ra)


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