Netzpolitik und Internet- Enquete-Kommission


Bundestag soll Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" einsetzen
Piratenpartei Deutschland kritisiert die Internet-Enquetekommission als "Alibi-Veranstaltung"

(09.03.10) - Die Fraktionen von CDU/CSU, FDP, SPD und Bündnis 90/Die Grünen fordern den Bundestag auf, eine Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" einzusetzen. In ihrem Antrag (17/950) schreiben die Abgeordneten, das Internet sei die freiheitlichste und effizienteste Informations- und Kommunikationsform der Welt und trage maßgeblich zur Entwicklung einer globalen Gemeinschaft bei.

Die digitale Gesellschaft biete neue Entfaltungsmöglichkeiten für jeden Einzelnen ebenso wie neue Chancen für die demokratische Weiterentwicklung unseres Gemeinwesens, für die wirtschaftliche Betätigung und für die Wissensgesellschaft. Jedoch "erleben wir eine erneute Veränderung", heißt es in dem Antrag: "Das Internet ist nicht länger nur eine technische Plattform, sondern entwickelt sich zu einem integralen Bestandteil des Lebens vieler Menschen, denn gesellschaftliche Veränderungen finden maßgeblich in und mit dem Internet statt."

Um diese Veränderungen zu untersuchen, soll die Enquete-Kommission mit einem weitreichenden Arbeitsauftrag ausgestattet werden. Gegliedert in die Bereiche Kultur und Medien, Wirtschaft und Umwelt, Bildung und Forschung, Verbraucherschutz, Recht und Innen sowie Gesellschaft und Demokratie soll sie die spezifischen Auswirkungen auf die jeweiligen Themenfelder analysieren.

Dazu gehören unter anderem die Stärkung der Medienkompetenz, Fragen des Urheberrechts, die Folgen der Digitalisierung für den Rundfunk und die Printmedien, die Wahrung des Grundrechteschutzes, Veränderungen der Arbeitswelt durch neue Medien und die Weiterentwicklung der eGovernment-Dienstleistungen.

Internet-Enquetekommission - Wann kommt eine echte Alternative?
Die Piratenpartei Deutschland kritisiert die Internet-Enquetekommission als "Alibi-Veranstaltung". Deutschland habe keinen Bedarf an weiteren Schwatzrunden zum Thema Internet, sondern netzpolitischen Handlungsbedarf.

Allein das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zeige, dass es bereits fünf nach zwölf ist. Mit dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag der Länder werde derzeit ein weiterer Anschlag auf das Internet in Deutschland gestartet, mit dem sich die Kommission nicht beschäftigen dürfe. Auch heiße "Interneteisen", wie das Abmahnungswesen, stünden nicht zur Diskussion.

Wie überflüssig diese Kommission sei, zeige sich auch am Schicksal des Vorgängers aus den Jahren 1995 bis 98. Wesentliche Papiere und Empfehlungen dieser Kommission, zum Beispiel zu Datenschutz und IT-Sicherheit, seien im federführenden Innenausschuss auch zwölf Jahre danach noch nicht behandelt worden.

Scharfe Kritik üben die Piraten auch an der personellen Zusammensetzung der Kommission: Ihr Vorsitzender sei ein CDU-Mann ohne Internetaffinität. Als Provokation werde außerdem die Berufung des SPD-Mitglieds Martin Dörmann empfunden, der für die Durchsetzung des als "Zensursula" bekanntgewordenen Zugangserschwerungsgesetzes verantwortlich sei. Damit habe die SPD das in sie gesetzte Restvertrauen verspielt.

"Die Zusammensetzung der Enquete-Kommission bestätigt die Befürchtungen, die wir schon im Vorfeld geäußert haben", sagte Nico Kern, Spitzenkandidat der Piratenpartei bei der bevorstehenden Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. "Es ist offensichtlich, dass die Regierung nach wie vor nicht daran interessiert ist, einen echten Wandel in der deutschen Netzpolitik voranzutreiben. Es handelt sich nur um eine Symbolkommission, die geschaffen wurde, um der Bevölkerung ernsthaftes Interesse vorzugaukeln."

Zusammen mit anderen Netzaktivisten wolle die Piratenpartei nun prüfen, ob sie den Bundestag mit Initiativen von außen auf den richtigen Weg bringen könne. Die Gründung einer alternativen Enquetekommission sei geplant. (Deutscher Bundestag: Piratenpartei: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Gleichstellung als verbindliches Förderkriterium

    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (21/790) die Bundesregierung auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Gleichstellung von Frauen und Mädchen im organisierten Sport in Deutschland deutlich zu verbessern.

  • Ausbau der digitalen Infrastruktur

    Die von der schwarz-roten Koalition geplante Novelle des Telekommunikationsgesetzes ist bei einer Mehrheit der Sachverständigen auf Zustimmung zu den Zielen und Kritik an Details gestoßen. In einer öffentlichen Anhörung des Digitalausschusses zum TKG-Änderungsgesetz 2025 bezeichnete eine Reihe von Sachverständigen den Entwurf als ein wichtiges Signal für die Branche.

  • Auskunft zum Cum/Ex und Cum/Cum

    Zum Stichtag 31. Dezember 2023 befanden sich 380 Verdachtsfälle zur Steuergestaltung bei Cum-Ex-Geschäften bei den Obersten Finanzbehörden der Länder und beim Bundeszentralamt für Steuern mit einem Volumen nicht anrechenbarer/erstatteter Kapitalertragssteuer inklusive Solidaritätszuschlag von rund 3,8 Milliarden Euro in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/548) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion die Linke (21/310).

  • Kosten der Vermeidung von CO2-Emissionen

    Keine konkreten Angaben zu den Kosten, die ihre Pläne zur Vermeidung von CO2-Emissionen verursachen, macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/715) auf eine Kleine Anfrage (21/296) der AfD-Fraktion. Zur Begründung verweist sie darauf, dass Deutschland zur Erreichung der Klimaschutzziele auf ein "breites Spektrum aufeinander abgestimmter Klimaschutzmaßnahmen" setze. Diese dienten neben der Minderung von Treibhausgasen auch der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, dem sozialen Ausgleich sowie der langfristigen Transformation hin zur Klimaneutralität. Die Ausgestaltung der Klimaschutzmaßnahmen gehe dabei über eine "kurzfristige, rein statische Betrachtung der CO2-Vermeidungskosten" hinaus.

  • Steuerung des Windenergieausbaus

    An der von den Koalitionsfraktionen geplanten Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (RED III) besteht Nachbesserungsbedarf. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Umweltausschusses zu dem Gesetzentwurf "zur Umsetzung von Vorgaben der Richtlinie (EU) 2023/2413 für Zulassungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und dem Wasserhaushaltsgesetz, zur Änderung des Bundeswasserstraßengesetzes, zur Änderung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes und zur Änderung des Baugesetzbuchs" (21/568) deutlich.

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