Regierung steht zur Meinungsfreiheit


Kritik des Antirassismus-Komitees der UNO und Einstellung eines Strafverfahrens gegen Thilo Sarrazin
In der Antwort auf den Vorstoß der Linken heißt es, die Regierung verurteile die Aussagen Sarrazins - Gleichwohl dürfe die Bedeutung der Meinungsfreiheit "nicht aus dem Blick geraten"

(12.12.13) - Die Deutsche Bundesregierung bekennt sich zur "Bekämpfung jeglicher Formen von Rassismus", betont jedoch die "fundamentale Bedeutung der Meinungsfreiheit in einem demokratischen Rechtsstaat" und verweist darauf, dass das Strafrecht immer das "äußerste Mittel", die "ultima ratio" sein müsse. Mit dieser Stellungnahme reagiert die Regierung in einer Antwort (18/60) auf die Kleine Anfrage (18/25) der Linksfraktion zu der im April 2013 formulierten Kritik des Antirassismus-Komitees der UNO an der von der deutschen Justiz im Jahr 2009 verfügten Einstellung eines Strafverfahrens gegen Thilo Sarrazin.

Diese Entscheidung hatte die Berliner Staatsanwaltschaft seinerzeit mit dem Argument begründet, Sarrazins Interview-Aussagen stellten keine Aufstachelung zum Rassenhass dar, könnten den öffentlichen Frieden nicht stören und seien zudem von der Meinungsfreiheit gedeckt. Die Linke wollte von der Regierung wissen, ob angesichts der Rüge der UN-Kommission Änderungen bei der Tatbestandsbeschreibung von Volksverhetzung und Beleidigung sowie bei der strafrechtlichen Sanktionierung von "rassistischen Äußerungen" geplant seien.

In der Antwort auf den Vorstoß der Linken heißt es, die Regierung verurteile die Aussagen Sarrazins. Gleichwohl dürfe die Bedeutung der Meinungsfreiheit "nicht aus dem Blick geraten". Erwähnt wird die bei der Verabschiedung der Resolution des UN-Ausschusses geäußerte abweichende Auffassung eines Mitglieds dieses Komitees, nach dessen Überzeugung das Vorgehen der deutschen Justiz nicht willkürlich gewesen sei. Aus Sicht der Regierung ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen Thesen, die gesellschaftlich bekämpft werden sollten, und Aussagen, auf die auch strafrechtlich reagiert werden müsse. In einem Rechtsstaat dürfe das Strafrecht stets nur das "äußerste Mittel" sein, wobei bei der Bestimmung der Strafwürdigkeit einer Äußerung das Grundrecht der Meinungsfreiheit als "zentrales Element" zu beachten sei. Die Regierung wehrt sich "mit Nachdruck" gegen Vorwürfe, die deutsche Justiz reagiere generell unzureichend auf rassistische Vorkommnisse.

In ihrer Anfrage hatte die Linke kritisiert, Innenminister Hans-Peter Friedrich habe im Juni dieses Jahres in einem Interview Vorurteile gegen Einwanderer befördert. Der CSU-Politiker hatte den "Missbrauch des Freizügigkeitsrechts" beklagt und befürchtet, die Migration aus Bulgarien und Rumänien könne für die Sozialsysteme "unbeherrschbar" werden. Die Regierung erklärt nun, der "überwiegende Teil" der Zuwanderer aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten erfülle die Bedingungen des EU-Freizügigkeitsrechts. Allerdings habe sich dieser Zuzug in den vergangenen Jahren stark erhöht und werde weiter wachsen. Damit werde wohl die Zahl derer weiter zunehmen, die den Voraussetzungen des Freizügigkeitsrechts nicht gerecht werden. Die Regierung verweist auf die Warnung des Deutschen Städtetags, dass diese Form der Zuwanderung zu steigenden Belastungen der kommunalen Daseinsvorsorge und der Sozialsysteme führen werde. Verschiedene Großstädte seien bereits mit wachsenden Problemen etwa bei der medizinischen Versorgung oder bei der Unterbringung von Obdachlosen konfrontiert, heißt es in der Antwort.

Die Regierung unterstreicht, sie nehme den Kampf gegen Rassismus ernst. Als Belege listet die Antwort etwa den seit 2008 existierenden Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus, den Nationalen Integrationsplan von 2007 und das im Jahr 2000 vom Innen- und Justizministerium gegründete Bündnis für Demokratie und Toleranz auf. (Deutsche Bundesregierung: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Risikostrukturausgleich der Krankenkassen

    Verschiedene gesetzliche Initiativen der vergangenen Jahre zielen nach Angaben der Bundesregierung darauf ab, unzulässige Einflussnahmen auf die Datengrundlagen des Risikostrukturausgleichs (RSA) der Krankenkassen zu verhindern und die Manipulationsresistenz des RSA zu stärken. Zuletzt sei mit dem "Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz" (GKV-FKG) 2020 die sogenannte Manipulationsbremse eingeführt worden, heißt es in der Antwort (20/14678) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/14442) der Unionsfraktion.

  • Souveräne Dateninfrastruktur

    Die Bundesregierung strebt eine effiziente, wirtschafts- und innovationsfreundliche Umsetzungsstruktur der europäischen KI-Verordnung an, die knappe Ressourcen klug einsetzt. Das antwortet die Bundesregierung (20/14421) der AfD-Fraktion auf eine Kleine Anfrage (20/14109).

  • FDP legt Gesetzentwurf für flexibleres Stromsystem

    Die FDP-Fraktion hat den Entwurf eines Gesetzes (20/14705) zur "Integration von Photovoltaik- und anderen Erneuerbare-Energien-Anlagen in den Strommarkt und zur Vermeidung solarstrombedingter Netznotfall-Maßnahmen" vorgelegt. Er soll einerseits der Umsetzung der "Wachstumsinitiative der damaligen Bundesregierung vom Juli 2024 dienen.

  • Fairer Wettbewerb im digitalen Sektor

    Bis zum 5. Dezember 2024 haben die Koordinierungsstelle für digitale Dienste in der Bundesnetzagentur (BNetzA) 747 Eingänge von Beschwerden erreicht. Bereinigt um Irrläufer und Spam seien 703 konkrete Beschwerden zu möglichen Verstößen gegen den Digital Services Act (DSA) eingelegt worden.

  • Provisionsverbot noch nicht absehbar

    Ob beziehungsweise inwieweit im Zuge der nationalen Umsetzung der EU-Kleinanlegerstrategie national Maßnahmen ergriffen werden könnten, um Provisionen für den Abschluss von Versicherungsverträgen zu verbieten oder zu deckeln, ist noch nicht absehbar. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/14411) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (20/14172) weiter mitteilt, haben die Trilogverhandlungen auf europäischer Ebene noch nicht begonnen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen