Sie sind hier: Home » Recht » Deutschland » Bundesgerichtshof

Notarstelle im Anwaltsnotariat


Tätigkeit als Insolvenzverwalterin nicht auf Wartezeit für Notarstelle anrechenbar
Beklagte hat ihr die ausgeschriebene Notarstelle zu Recht nicht übertragen, weil sie die besonderen Bestellungsvoraussetzungen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNotO a.F. nicht erfüllte



Der Senat für Notarsachen des Bundesgerichtshofs (BGH) hat entschieden (Urteil vom 15. November 2021 – NotZ(Brfg) 2/21), dass bei der Bewerbung um eine Notarstelle die Tätigkeit einer Rechtsanwältin als Insolvenzverwalterin bei der sogenannten Wartezeit nicht berücksichtigt werden kann. Sachverhalt: Die Klägerin ist seit 1999 als Rechtsanwältin zugelassen. Seit 2009 ist sie im Amtsgerichtsbezirk X niedergelassen und mit einem Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in einer Partnerschaftsgesellschaft verbunden. Im Oktober 2019 bewarb sie sich als einzige Kandidatin auf eine für den Bereich ihres Kanzleisitzes ausgeschriebene Notarstelle im Anwaltsnotariat. Die Klägerin war in den letzten fünf Jahren vor ihrer Bewerbung vor allem als Insolvenzverwalterin tätig. Die Beklagte berücksichtigte ihre Bewerbung nicht. Sie erfülle die für ihre Ernennung zur Notarin notwendige Voraussetzung der örtlichen Wartezeit des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNotO (seit dem 1. August 2021: § 5b Abs. 1 Nr. 2 BNotO) (noch) nicht, denn sie sei nicht in dem vom Gesetz geforderten Umfang anwaltlich tätig geworden.

Der Prozessverlauf:
Die gegen den Bescheid der Beklagten erhobene Klage, die ausgeschriebene Notarstelle mit ihr zu besetzen, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, ihre Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des angerufenen Gerichts erneut zu bescheiden, ist - ebenso wie ein früherer Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung - vor dem Notarsenat des Oberlandesgerichts erfolglos geblieben.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Die gegen das Urteil des Oberlandesgerichts gerichtete Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Die Beklagte hat ihr die ausgeschriebene Notarstelle zu Recht nicht übertragen, weil sie die besonderen Bestellungsvoraussetzungen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNotO a.F. nicht erfüllte. Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass sie bei Ablauf der Bewerbungsfrist mindestens drei Jahre in dem in Aussicht genommenen Amtsbereich in nicht unerheblichem Umfang als Rechtsanwältin tätig war. Insbesondere genügte es nicht, dass sie in diesem Zeitraum als Insolvenzverwalterin zahlreiche Mandate bearbeitet hatte. Dass die Insolvenzverwaltung zum Berufsbild des Rechtsanwalts gehört, ist dabei nicht der entscheidende Gesichtspunkt. Maßgeblich ist vielmehr, ob die ausgeübte anwaltliche Tätigkeit geeignet ist, das Notaramt nötige Erfahrungswissen im Umgang mit den Rechtsuchenden zu vermitteln. Um eine dem Willen der Beteiligten entsprechende - wirksame - Urkunde zu errichten, muss der Notar das Anliegen der (künftigen) Urkundsbeteiligten erfassen und ihm - soweit zulässig - rechtliche Wirkung verleihen. Die Erforschung individueller Interessen und deren rechtskonforme Umsetzung ist ebenfalls Teil der anwaltlichen Beratung eines Mandanten. Nicht damit vergleichbar ist jedoch die Tätigkeit des Insolvenzverwalters, mag er auch den Status eines Rechtsanwalts haben, bei der das (Amts-)Interesse an der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben im Vordergrund steht. Eine in diesem Zusammenhang vorgenommene Beratung einzelner Beteiligter ist im Ergebnis den Zielen des Insolvenzverfahrens untergeordnet und steht einer "klassischen" anwaltlichen Rechtsberatung nicht gleich.

Vorinstanz:
OLG Celle - Not 19/20 - Entscheidung vom 21. Dezember 2020

Die maßgebliche Vorschrift lautet:
§ 6 Abs. 2 BNotO in der hier anwendbaren Fassung des Gesetzes zur Änderung der Bundesnotarordnung (Neuregelung des Zugangs zum Anwaltsnotariat) vom 2. April 2009

(1) (…)

(2) Im Fall des § 3 Abs. 2 [Anmerkung: betrifft die Ausübung des Amts des Notars im Nebenamt, mithin den Anwaltsnotar] soll als Notar nur bestellt werden, wer nachweist, dass er bei Ablauf der Bewerbungsfrist

mindestens fünf Jahre in nicht unerheblichem Umfang für verschiedene Auftraggeber als Rechtsanwalt tätig war,

die Tätigkeit nach Nummer 1 seit mindestens drei Jahren ohne Unterbrechung in dem in Aussicht genommenen Amtsbereich ausübt,

(…)

(…)

(…)

(…).
(Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 16. November 2021: ra)

eingetragen: 18.11.21
Newsletterlauf: 26.01.22


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • AfD will Gebäudeenergiegesetz abschaffen

    Die AfD-Fraktion will das Gebäudeenergiegesetz (GEG) abschaffen und verlangt in einem Antrag (21/227) außerdem, auf die CO2-Bepreisung von Heizöl und Gas zu verzichten. Die entsprechenden Vorschriften sollen "schnellstmöglich, vollständig und ersatzlos" gestrichen werden. Zudem soll die Umsetzung aller entsprechenden EU Verordnungen und Richtlinien (etwa der sogenannte Green Deal der EU) sowie damit verbundene Regulierungen wie der CO2-Grenzausgleich sofort beendet werden.

  • Änderung der Verordnung (EU) 2017/625

    Die Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen drängt auf eine verpflichtende Produktkennzeichnung für Lebensmittel, die genomisch verändert wurden. Anlass ist ein Vorschlag der Europäischen Kommission, die im Juli 2023 einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über mit genomischen Techniken gewonnene Pflanzen und die aus ihnen gewonnenen Lebens- und Futtermittel vorgelegt hat.

  • Steuerhinterziehung & Cum-Cum

    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt in einem Antrag (21/226), organisierte Steuerhinterziehung wie die sogenannten Cum-Cum-Deals aufzuklären und die Steuermilliarden konsequent zurückzufordern. Dazu sollen die Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängert werden. Der Antrag steht am Donnerstag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages.

  • Ausschuss gegen Cum-Cum-Antrag der Grünen

    Der Finanzausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU und SPD einen Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel "Organisierte Steuerhinterziehung wie Cum-Cum-Deals aufklären, Steuermilliarden konsequent zurückfordern und Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängern" (21/226) abgelehnt. Für den Antrag stimmten neben der Antragstellerin die Fraktionen der AfD und Die Linke.

  • Versorgungslage signifikant verbessert

    Die Inbetriebnahme des vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) entwickelten Frühwarnsystems bei Arzneimittel-Lieferengpässen in einer funktionsfähigen Basisversion ist nach Angaben der Bundesregierung für das vierte Quartal 2025 vorgesehen. Der Aufbau des Frühwarnsystems habe insbesondere bei der Beobachtung und Bewertung der Versorgung mit antibiotikahaltigen Arzneimitteln für Kinder unterstützende Daten geliefert, heißt es in der Antwort (21/338) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/171) der AfD-Fraktion.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen