Sie sind hier: Home » Recht » Deutschland » Bundesgerichtshof

Zwei Urteile zum "GmbH-Gesellschafter"


BGH zur persönlichen Haftung von GmbH-Gesellschaftern nach Abtretung einer Forderung der Bank an einen Mehrheitsgesellschafter
In einem Parallelverfahren (II ZR 263/08) geht es um die Ausschließung der Kläger aus der GmbH und die Einziehung ihrer Geschäftsanteile


(05.05.11) - Der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat … in zwei parallelen Verfahren entschieden, dass ein GmbH-Gesellschafter, der gegenüber einer Bank der Gesellschaftsschuld beigetreten ist, einem Mitgesellschafter, an den die Bank ihre Forderung gegen die Gesellschaft abgetreten hat, auch dann persönlich haftet, wenn die Anteile an der Gesellschaft später fast vollständig (hier: 99,94 Prozent) auf den Mehrheitsgesellschafter übergehen.

Ferner wurde entschieden, dass der haftende Gesellschafter bei entsprechender Satzungsgestaltung aus der Gesellschaft ausgeschlossen und sein Geschäftsanteil eingezogen werden kann, wenn deswegen die Zwangsvollstreckung in seinen Geschäftsanteil von dem Mitgesellschafter betrieben wird und die sonstigen Voraussetzungen für diese Maßnahmen gegeben sind, insbesondere eine Abfindung ohne Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsgebot (§ 34 Abs. 3, § 30 Abs. 1 GmbHG*) gezahlt werden kann.

In dem einen Verfahren (II ZR 279/08) geht es um die Haftung. Die beiden Kläger und der Beklagte sind Gesellschafter einer GmbH, die Mitte der 90er Jahre ein Wohn- und Geschäftszentrum in Berlin errichtete. Für die Finanzierungsdarlehen der GmbH übernahmen die Kläger, die damals mit zusammen 26,6 Prozent an der GmbH beteiligt waren, in Höhe von 1,52 Mio. DM die persönliche Haftung und unterwarfen sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Durch eine Kapitalerhöhung im Jahre 2003 sank die Beteiligungsquote der Kläger an der GmbH auf 0,06 Prozent; die übrigen Anteile hält seitdem der Beklagte unmittelbar und mittelbar über eine von ihm beherrschte andere Gesellschaft.

Der Beklagte, der die Darlehensforderungen gegen die GmbH von der Bank erworben hat, betreibt die Zwangsvollstreckung gegen die Kläger. Dagegen haben die Kläger Vollstreckungsabwehrklage erhoben.

In dem Parallelverfahren (II ZR 263/08) geht es um die Ausschließung der Kläger aus der GmbH und die Einziehung ihrer Geschäftsanteile. Nach der Satzung der GmbH scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, wenn sein Anteil gepfändet wird und es ihm – wie hier - nicht gelingt, die Pfändung innerhalb von 6 Wochen abzuwenden. Die Kläger haben ihre - gestützt auf diese Satzungsbestimmung - beschlossene Ausschließung und die Einziehung ihrer Geschäftsanteile angefochten.

Im Verfahren II ZR 279/08 hat das Landgericht die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht ihr aber im Wesentlichen stattgegeben, weil die Zwangsvollstreckung durch den Beklagten treuwidrig sei. Im Verfahren II ZR 263/08 hat das Landgericht der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat hingegen nur die Einziehung der Geschäftsanteile für unwirksam erklärt, die Ausschließung aber bestätigt.

Die Berufungsgerichte haben die Frage, ob den Klägern gegen die GmbH ein Anspruch auf Befreiung von der Mithaftung für die Schulden der GmbH zusteht und ob dieser Befreiungsanspruch auch gegen den Mehrheitsgesellschafter durchgreift, unterschiedlich beantwortet. Während das OLG Hamm in dem Ausschließungsprozess einen Durchgriff wegen der Trennung von Gesellschafts- und Gesellschaftersphäre ablehnt, durchbricht das OLG Düsseldorf in dem Prozess über die Vollstreckungsabwehrklage dieses Prinzip unter Berufung auf Treu und Glauben.

Der Bundesgerichtshof hat die Vollstreckungsabwehrklage abgewiesen. Er hat einen Befreiungsanspruch der in Anspruch genommenen Gesellschafter gegen den vollstreckenden Mitgesellschafter abgelehnt. Der Mitgesellschafter tritt den Gesellschaftern als Rechtsnachfolger der Bank entgegen. Deshalb hat er dieselben Rechte wie die Bank. Aus dem Innenverhältnis der Gesellschafter ergibt sich hier nichts anderes.

Der Anfechtungsklage gegen den Ausschließungs- und Einziehungsbeschluss hat der Bundesgerichtshof dagegen insgesamt stattgegeben. Das Berufungsgericht hatte richtig gesehen, dass der Einziehungsbeschluss unwirksam ist, weil bei seiner Fassung feststand, dass die Abfindung nicht aus freiem Vermögen der GmbH gezahlt werden kann. Dann aber ist auch der Beschluss über die Ausschließung der Kläger unwirksam. Denn auch dafür muss es zumindest möglich sein, dass die Abfindung aus freiem Vermögen gezahlt werden kann. Das war hier nicht der Fall, weil die Gesellschafterversammlung den Ausschließungsbeschluss mit dem Einziehungsbeschluss verbunden hatte. Damit bestand keine andere Möglichkeit, als die Ausschließung durch die - unwirksame - Einziehung der Geschäftsanteile umzusetzen.

Urteile vom 5. April 2011
II ZR 263/08
LG Essen – 45 O 23/07 – Entscheidung vom 23. November 2007
OLG Hamm – 8 U 4/08 – Entscheidung vom 20. Oktober 2008
und
II ZR 279/08
LG Düsseldorf – 10 O 532/06 – Entscheidung vom 13. November 2007
OLG Düsseldorf – I-3 U 15/08 – Entscheidung vom 1. Juli 2008
§ 34 GmbHG Einziehung von Geschäftsanteilen

(1) Die Einziehung (Amortisation) von Geschäftsanteilen darf nur erfolgen, soweit sie im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist.
(2) ...
(3) Die Bestimmung in § 30 Abs. 1 bleibt unberührt.
§ 30 GmbHG Kapitalerhaltung
(1) Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. ...
(Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 05.04.11: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Weitere Urteile

  • Verdeckte Gewinnausschüttung?

    Eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensverschiebung von einer Kapitalgesellschaft an einen Gesellschafter setzt einen Zuwendungswillen voraus. Ein solcher kann aufgrund eines Irrtums des Gesellschafter-Geschäftsführers fehlen.

  • Bekämpfung von Steuerhinterziehung

    Schweizer Banken können Informationen zu Konten und Depots deutscher Staatsangehöriger an die deutsche Finanzverwaltung übermitteln. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 23.01.2024 - IX R 36/21 entschieden. Der BFH sieht in der Übermittlung von Informationen zu ausländischen Bankkonten an die deutschen Steuerbehörden keine Verletzung der Grundrechte der inländischen Steuerpflichtigen.

  • Werbungskosten & Aufstiegsfortbildung

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 23.11.2023 - VI R 9/21 entschieden, dass ein teilweiser Darlehenserlass bei der beruflichen Aufstiegsfortbildung zu steuerpflichtigem Arbeitslohn bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes) führt.

  • Fluorierte Treibhausgase & fehlende Pflichtangaben

    Die Wettbewerbszentrale ist seit Mitte 2023 in aktuell elf Fällen gegen teils umweltbezogene Werbung mit Bezug zur Energiewende vorgegangen. Die Fälle betrafen vor allem den Markt für Photovoltaik- und Solaranlagen, Wärmepumpen und Klimaanlagen.

  • Gewinnermittlung nach der Tonnage

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 19.10.2023 - IV R 13/22 dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob § 52 Abs. 10 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes - GG -) verstößt, soweit diese Vorschrift die rückwirkende Anwendung des § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG für Wirtschaftsjahre anordnet, die nach dem 31.12.1998 beginnen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen