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Rückabwicklung eines Darlehensvertrags


Kein verbundenes Geschäft bei Kombination eines Verbraucherdarlehensvertrags mit einer der Darlehenstilgung dienenden Kapitallebensversicherung
Wird die Versicherungsprämie nicht aus dem Darlehen finanziert, fehlt bereits die erste dieser beiden Voraussetzungen

(08.06.15) - Die Klägerin begehrt von der beklagten Bank Rückabwicklung eines von ihr widerrufenen Darlehensvertrags unter Einbeziehung einer tilgungsersetzenden Kapitallebensversicherung. Die Klägerin schloss im Oktober 2002 mit der Beklagten einen Vertrag über ein endfälliges Darlehen, das am Ende der Laufzeit über eine daneben abgeschlossene Lebensversicherung getilgt werden sollte. Die Rechte aus der Lebensversicherung trat die Klägerin zur Sicherheit an die Darlehensgeberin ab. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 6. April 2011 ließ die Klägerin ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung gegenüber der Beklagten widerrufen. Sie erklärte zugleich den Widerruf ihrer Vertragserklärung aus dem Versicherungsvertrag.

Das Landgericht hat der auf Rückabwicklung des Darlehensvertrags gerichteten Klage überwiegend stattgeben und festgestellt, dass der Beklagten aus dem mit der Klägerin geschlossenen Darlehensvertrag keine Ansprüche mehr zustehen und sich der Darlehensvertrag mit Zugang der Widerrufserklärung in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat.

In der Berufungsinstanz hat die Klägerin über ihr erstinstanzliches Begehren hinaus die Feststellung begehrt, die Beklagte sei auch zur Rückabwicklung des Lebensversicherungsvertrags verpflichtet, und die Rückerstattung der auf das Darlehen gezahlten Zinsraten sowie der geleisteten Lebensversicherungsprämien verlangt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung hinsichtlich der Rückabwicklung des Lebensversicherungsvertrags zurückgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Der für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat entschieden, dass ein endfälliger Darlehensvertrag, auf den der Darlehensnehmer während der Laufzeit nur Zinsen an den Darlehensgeber zahlt, und ein im Zusammenhang damit abgeschlossener Vertrag über eine Kapitallebensversicherung, mit der das Darlehen bei Fälligkeit getilgt werden soll, keine verbundenen Verträge im Sinne des § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB* bilden, wenn die Versicherungsprämie nicht in Form einer Einmalzahlung zu entrichten ist, die ganz oder teilweise durch das Darlehen finanziert wird. Denn diese Vorschrift setzt voraus, dass erstens das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrags dient und dass zweitens beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden.

Wird die Versicherungsprämie nicht aus dem Darlehen finanziert, fehlt bereits die erste dieser beiden Voraussetzungen. In diesem Fall dient nicht das Darlehen der Finanzierung des Kapitallebensversicherungsvertrags, sondern die aus anderen Mitteln anzusparende Versicherungssumme dient der Tilgung des Verbraucherdarlehens. Diese Konstellation wird von § 358 Abs. 3 BGB* nicht erfasst. Der Bundesgerichtshof hat zudem klargestellt, dass in diesem Fall auch eine analoge Anwendung von § 358 BGB* nicht in Betracht kommt.

Urteil vom 5. Mai 2015 - XI ZR 406/13
OLG Celle – Urteil vom 16. Oktober 2013 – 3 U 62/13
LG Stade – Urteil vom 6. März 2013 – 5 O 66/12

* § 358 BGB (in der Fassung des Gesetzes vom 23. Juli 2002, BGBl. I S. 2850)

Verbundene Verträge


(2) Hat der Verbraucher seine auf den Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen, so ist er auch an seine auf den Abschluss eines mit diesem Verbraucherdarlehensvertrag verbundenen Vertrags über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden. …

(3) Ein Vertrag über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung und ein Verbraucherdarlehensvertrag sind verbunden, wenn das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrags dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Eine wirtschaftliche Einheit ist insbesondere anzunehmen, wenn der Unternehmer selbst die Gegenleistung des Verbrauchers finanziert, oder im Falle der Finanzierung durch einen Dritten, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags der Mitwirkung des Unternehmers bedient. …

(4) … Der Darlehensgeber tritt im Verhältnis zum Verbraucher hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs oder der Rückgabe in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Vertrag ein, wenn das Darlehen dem Unternehmer bei Wirksamwerden des Widerrufs oder der Rückgabe bereits zugeflossen ist.


** § 359a BGB (in der Fassung des Gesetzes vom 29. Juli 2009, BGBl. I S. 2355)

Anwendungsbereich

(1) Liegen die Voraussetzungen für ein verbundenes Geschäft nicht vor, ist § 358 Abs. 1 und 4 entsprechend anzuwenden, wenn die Ware oder die Leistung des Unternehmers aus dem widerrufenen Vertrag in einem Verbraucherdarlehensvertrag genau angegeben ist.

(2) § 358 Abs. 2 und 4 ist entsprechend auf Verträge über Zusatzleistungen anzuwenden, die der Verbraucher in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Verbraucherdarlehensvertrag abgeschlossen hat.

(Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 5. Mai 2015: ra)


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