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Leistungsmissbrauch von Hartz IV und Datenschutz


Peter Schaar: "Regelungen zur Observierung von Hartz IV-Empfängern nicht akzeptabel"
Schaar sagte: "Wegen der erheblichen Intensität solcher Eingriffe ist es fragwürdig, ob hierfür derzeit überhaupt eine Rechtsgrundlage besteht - Bundesanstalt für Arbeit gibt dem öffentlichen Druck nach


(08.06.09) - Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Peter Schaar hält es für erforderlich, die neuen Regelungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) zur Außendiensttätigkeit im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende ("Hartz IV") nachzubessern. Die neuen Regeln vom 20. Mai 2009 unterscheiden sich in wichtigen Punkten von den bisherigen Vorgaben. Dies betrifft vor allem die Observation von Leistungsempfängern.

Schaar sagte: "Wegen der erheblichen Intensität solcher Eingriffe ist es fragwürdig, ob hierfür derzeit überhaupt eine Rechtsgrundlage besteht. Heimliche Überwachungsmaßnahmen kommen allenfalls als ultima ratio in Betracht und bedürfen klarer rechtlicher und verfahrensmäßiger Begrenzungen. Ich begrüße es, dass das Ministerium für Arbeit und Soziales und die BA inzwischen angekündigt haben, den entsprechenden Passus aus der Dienstanweisung zu streichen."

Die Darstellung der Bundesagentur für Arbeit in ihrer heutigen (4. Juni 2009) Pressemitteilung, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sei über die neuen Regeln informiert worden, ist nicht zutreffend.


1. Presseerklärung der Bundesanstalt für Arbeit: "Keine neuen Regelungen zur Observierung von Hartz IV-Empfängern" (04.06.09)
Der in der heutigen Bildausgabe (vom 4. Juni 2006) veröffentlichte Artikel zur "Beschattung von Hartz IV-Betrügern" suggeriert, dass die Bundesagentur für Arbeit (BA) künftig bei Betrugsverdacht verstärkt Leistungsempfänger observiert. Dies trifft so nicht zu. Die BA stellt dazu fest:

Nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sollen die Träger der Grundsicherung zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch einen Außendienst einrichten. In der Vergangenheit gab es bereits Regelungen die beschrieben, wann Kontrollen gerechtfertigt sind, und welchen Rahmen der Datenschutz setzt. Neu ist, dass anstelle der bisherigen Hinweise und Empfehlungen aufgrund einer Prüfungsmitteilung des Bundesrechnungshofes verbindliche Regelungen getroffen wurden. Für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Außendienst wurde klar und verbindlich geregelt, was rechtlich zulässig und was unzulässig ist. So darf eine Observation nur die Leiterin bzw. der Leiter der Grundsicherungsstelle anordnen. Damit werden Observationen restriktiver als bisher behandelt.

Grundsätzlich ist eine Observation unzulässig. Nur in begründeten Einzelfällen bei Verdacht auf besonders schwerwiegenden Leistungsmissbrauch ist sie als letztes Mittel der Sachverhaltsaufklärung zulässig. Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn Leistungen über einen längeren Zeitraum in erheblicher Höhe zu Unrecht erbracht werden. Allein eine anonyme Anzeige rechtfertigt eine Observation damit im Regelfall nicht.

Die Regelungen zur Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs bewegen sich eindeutig im Rahmen des geltenden Rechts.

Der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit der Bundesrepublik ist über diese Regelung informiert.


2. Presseerklärung der Bundesanstalt für Arbeit: "Gemeinsame Erklärung des BMAS und der BA" (04.06.09)
Zu der aktuellen Berichterstattung über Kontrollmaßnahmen gegenüber Leistungsempfängern erklären das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und die Bundesagentur für Arbeit (BA) gemeinsam:

"Das BMAS und die BA sind sich einig, dass Observationen im Auftrag der BA nicht stattfinden. Daher wird der entsprechende Passus künftig aus der Dienstanweisung gestrichen.

Observationen von Leistungsempfängern waren auch bislang keine gängige Praxis und sind nur in wenigen Ausnahmefällen bei schwerem Missbrauchsverdacht eingesetzt worden. Die Bekämpfung von Leistungsmissbrauch ist und bleibt gesetzlicher Auftrag der BA. Die BA hat jedoch das Ziel, im persönlichen Gespräch Verdachtsmomente abschließend zu recherchieren."
(Bundesagentur für Arbeit: BfDI: ra)


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